Sonntag, November 04, 2012

Mehrere Jerusalemer Restaurants entziehen sich dem "Kaschrut – Krieg"

B"H

Kann ein Jude, dem die Kaschrutregeln (Koschergesetze) wichtig sein, einem Jerusalemer Restaurant / Café vertrauen, welches da ein Hechscher (Koscherzertifikat) aushängen hat ?

Ich habe da so meine eigenen Erfahrungen gemacht. Insbesondere an jenen Orten, die ein Hechscher vom Oberrabbinat (Rabbanut) besitzen.

Wie ich schon mehrfach berichtete, stehen diverse Kaffeehausketten (und sicher auch Restaurants) unter der Kaschrutaufsicht des Rabbanut, doch immer wieder kommt es vor, dass Nichtjuden (in diesem Fall palästinensisches Küchenpersonal) den Backofen bzw. Herd anstellen und den Backprozess von Croissants und Baguettes einleiten. Dies jedoch ist, gemäss der jüdischen Halacha, verboten. Ein Nichtjude darf zwar unter Aufsicht koscheres Essen vorbereiten, doch den Herd anstellen darf er nicht. Tut er dies, so reicht es zwar, wenn ein Juden das kochende Essen einmal umrührt. Beim Backen aber trifft die Regelung nicht zu. Den Herd anstellen beim Backprozess darf ein Nichtjude allerdings dann, wenn die Backwaren bereits vorgebacken sind. Heisst, die Backwaren werden vom Nichtjuden lediglich aufgewärmt. Leitet dagegen ein Nichtjuden den gesamten Backprozess von Beginn an ein, so darf das Restaurant mit einem Koscherzertifikat derlei Produkte nicht mehr als "Koscher le'Mehadrin" verkaufen, sondern als AKUM, denn der Kaschrutstandard ist in dem Fall nicht mehr gegeben.

Restaurants und Cafes mit einem Badatz (Beit Din Zedek) Hechscher der Chassidut Belz, der Edah Charedit oder der obersten sephardischen Kaschrutaufsicht "Beit Yosef" müssen viel strengeren Regeln folgen, denn, u.a., erscheinen die jeweiligen Maschgichim (Koscherexperten) mindestens einmal pro Tag. Und diese Maschgichim nehmen alles auseinander, wie ich aus meiner Zeit, in der ich in einer Jerusalemer Bäckerei arbeitete, bestens weiss. Die Bäckerei besitzt bis heute ein Zertifikat der chassidischen Gruppe Belz und dementsprechend war die Aufsicht. Sämtliche Zutaten wurden auf "koscher" getestet und wehe, es befand sich darunter eine Zutat mit dem laxen Rabbanut – Hechscher. Dann wurde die Ware an den Absender zurückgesandt und es musste erst neue Ware mit dem entsprechenden Belz – Zertifikat angefordert werden. Kein Brot oder Kuchen ging hinaus, ohne dass die Zutaten einwandfrei koscher waren. Bedeutet, auch die Zutaten mussten über einwandfreie Zertifikate verfügen.

Zwischen den Belzern, dem Rabbanut, der Edah Charedit aus dem ultra – orthodoxen Mea Shearim / Jerusalem sowie dem sephardischen Beit Yosef besteht eine Art Krieg. Jeder will der Beste sein und keiner duldet den anderen. Schliesslich geht es hier auch um das dicke Business, denn Restaurantinhaber zahlen für das jeweilige Hechscher (welches alle drei Monate erneuert wird) immense Geldsummen. Gerade für kleinere Betriebe ist es schwierig, das Geld aufzutreiben und viele sagen sich da lieber, dass sie zwar koscher arbeiten, jedoch ohne Kaschrutaufsicht. Dementsprechend haben sie auch kein Hechscher und in Jerusalem erweist sich das als problematisch, denn die relig. Kundschaft ißt nur dort, wo es ausgewiesen koscher ist. Demnach lohnt es sich für einen Jerusalemer Unternehmer der Lebensmittelindustrie sich ein Koscherzertifikat anzuschaffen, denn dadurch lockt er mehr Kundschaft an. Im Nachhinein zahlt sich die Investition aus.

Dass sich die jeweiligen Kaschrutstellen wie Rabbanut, Belz, etc. gegenseitig die Augen auskratzen, geht vielen Unternehmern allmählich auf den Geist. Auch das ständige Gekleckere, dass diese Zutat nicht ausreichend koscher ist und dann erst wieder umgetauscht werden muss. Das hat zur Folge, dass einige Produkte nicht rechtzeitig hergestellt werden können. Mit anderen Worten, immer mehr Unternehmer sind bereit, auf das Zertifikat zu verzichten. Ändern jedoch wird sich an den Kaschrutregeln und Organisationen nichts und die Frage ist, ob die Kundschaft be idem Vorhaben unbedingt mitzieht.


Links:

Ist das Fleisch von einem Nichtjuden geschächteten Tier koscher ?

Ein Nichtjude und sein Hotel für ultra - orthodoxe Juden

Alles zur KASCHRUT auf diesem Blog

Selbst KOSCHER muss immer wieder neu geprüft werden !

Darf ein Nichtjude an einer jüdischen Schabbatfeier teilnehmen ?

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