Montag, Oktober 03, 2011

Bnei Brak, Machzor & Yom Kippur


 Kreuzung Ramat Gan / Bnei Brak

Photo: Miriam Woelke
B”H  

Nun sind sie da, die “Aseret Yame’i Teschuva – Die 10 Tage der Umkehr zu G – tt” zwischen Rosh Hashana und den am Freitag abend beginnenden höchsten jüdischen Feiertag YOM KIPPUR (Versöhnungstag). Viel Gefühl habe ich noch nicht entwickelt, denn ich bin täglich zu sehr mit der Arbeit beschäftigt. Heute aber machte ich eher Schluß und fuhr dann kurz darauf von Tel Aviv nach Bnei Brak. Mit dem Bus dauert das ca. eine halbe Stunde. Zuerst wird die Nachbarstadt Ramat Gan durchkreuzt und gleich anschliessend folgt Bnei Brak. 

Nicht alle Bewohner von Bnei Brak sind relig., doch existieren zahlreiche ultra – orthodoxe Stadtviertel, wie ich schon mehrmals andeutete.  Ich befinde mich momentan in einem Dilemma, denn bis zur letzten Minute werde ich nicht wissen, wo ich den Yom Kippur verbringe. Werde ich mit der Arbeit am Freitag rechtzeitig fertig und schaffe ich es, einen der letzten Busse nach Jerusalem zu erwischen, um den Fastentag in der Heiligen Stadt zu verbringen ? Schaffe ich es zeitlich nicht mehr, so bleibe ich in Tel Aviv. Mein Boss meinte aber, dass ich es zum Bus schaffen werden. Notfalls soll halt jemand anders für mich einspringen, damit ich zum Bus rennen kann. 

Die zweite Problematik war, dass ich immer noch ein paar meiner Bücher in Jerusalem habe. Darunter auch mein Yom Kippur Machzor (Gebetbuch zum Yom Kippur). Zeit, es abzuholen, habe ich vor dem Fastenbeginn nicht mehr und somit fuhr ich heute nach Bnei Brak, um mir kurzfristig ein neues Machzor anzuschaffen. Viel kostet es nicht, doch Bnei Brak kommt gerade recht, denn ich kaufe stets chassidischen Gebetbücher. Und so fand ich dann im vierten von mir angesteuerten Buchladen noch das letzte Machzor Nussach Sfarad. 

Bei Feiertagsgebetbüchern genau so wie bei den normalen Siddurim mit den regulären Wochentags – und Schabbatgebeten, bestehen starke Unterschiede in verschiedenen Riten. Chassidim fügen, zum Beispiel, kabbalistische Passagen in die Gebete mit ein. Vorweglich vom mittelalterlichen Kabbalisten Rabbi Yitzchak Luria. Ebenso beten wir einige Passagen des Baal Shem Tov. Viele chassidischen Gruppen besitzen ihre eigenen Gebetbücher und viele von Euch werden das auch von Chabad (Lubawitsch) kennen. Sephardische Juden beten fast dasselbe wie Aschkenazim, doch an den Feiertagen existieren Unterschiede. Das reine aschkenazische Gebetbuch enthält den regulären Gebetsritus, jedoch keine Zusätze aus der Kabbalah oder, wie bei den Sepharadim, Zusätze sephardischer Rabbiner. 

In Bnei Brak ein chassidisches Machzor zum Yom Kippur zu finden, erwies sich schwieriger als angenommen, denn die Mehrheit der Buchläden verkauft alles im Set und nur in wenigen Fällen Einzelausgaben. Da ich jedoch alle Machzorim für die Feiertage Pessach, Schavuot, Rosh Hashana, Yom Kippur und Sukkot besitze, brauche ich kein Set. Nur kurzfristig ein neues Machzor für den Yom Kippur. Im vierten Buchladen fand ich schliesslich ein Exemplar des “Machzor Rabbah” für 24 Schekel (ca. 5,50 Euro). 

Photos stelle ich morgen in den Blog, damit Ihr seht, wie so etwas eigentlich ausschaut. 

Wenn ich schon einmal in Bnei Brak bin, dann will ich mir doch gleich die momentan stattfindenden Kapparot ansehen. Juden wollen ihre Sünden vergeben wissen und viele schächten deswegen ein Huhn, welches vorher bezahlt und über den Kopf desjenigen Sünders geschwenkt wird. Ich mache dabei nie mit, weil ich das furchtbar finde. Tausende Hühner in Plastikboxen warten auf ihren Tod. Und der Gestank erst. 

Vor Jahren gab ich statt der Hühnerprozedur immer Geld, aber auch das stellte ich ein. Kapparot sind ein Brauch und viele Weisen lehnen ihn ab. In Bnei Brak dagegen wurde viel Posterwerbung betrieben, doch teilzunehmen und 36 Shekel (ca. 7 Euro) zu zahlen, um mit dem Geld armen Familien unter die Arme zu greifen. Letztendlich fand ich in Bnei Brak keinen Kapparotplatz und suchte auch erst gar nicht groß herum. Dafür kaufte ich ein paar billige Lebensmittel ein, denn in haredischen (ultra – orthodoxen) Gebieten liegen in vielen Geschäften die Preise wesentlich niedriger, da die Bewohner wenig Geld haben.

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