Dienstag, Oktober 19, 2010

Ratschläge für Neueinsteiger ins fromme Leben: Der Schabbat

B"H

Bisher hast Du als säkulerer Jude gelebt und nun soll alles anders werden. Ein wenig Thoraleben sowie eine koschere Küche einrichten. Regelmässig beten und öfters als sonst in die Synagoge gehen.

Entscheidet sich ein Jude in Israel für ein wenig Religion im Leben und ein, mehr oder weniger, frommes Leben, dann muss er zuerst seine Schublade suchen. Zumindest in Israel, denn Israel denkt Schublade was die jüdische Orthodoxie angeht und man sollte sich entscheiden, wo man lernen bzw. beten will. Die Bandbreite reicht weit und es ist nicht immer leicht, seinen Rabbiner und seine Zugehörigkeit zu finden. Haredim (ultra - orthodox) - doch auch hier gibt es mehrere interne Richtungen. Nationalrelig. - soviele Ausrichtungen bestehen nicht, doch immerhin ein paar. Ich erinnere mich noch gut an meine eigene Suche und am Ende ergab sich vieles von selbst. Freunde schleifen einen zu dem Rabbi, zu dem Schabbatessen oder zu dem Vortrag (Schiur). Jerusalem ist vielfältig, aber die Diaspora oftmals begrenzt.

Was macht einen relig. Juden am meisten aus ? 
Amerikaner lieben die Frage "Are you observant" und wenn ja, "How much ?". 
Die Thora ist vollgestopft mit Gesetzen (Halachot) und muss ich da jetzt alles sofort halten, wenn ich mich als "observant", "religiös" oder was auch immer bezeichne ?

Die wichtigste Halacha, welche G - tt den Juden gab, ist der SCHABBAT. Nicht die Kaschrut (Koschergesetze), nicht die Tefillin (Gebetsriemen) und auch nicht die anständige Kleidung. SCHABBAT lautet die Losung und wer den Schabbat hält oder sein Bestes gibt die Gesetze zu halten, der gilt als ein Jude, welcher nach der Thora lebt.

G - tt gab den Juden den Schabbat als Geschenk und manche Rabbiner sagen, dass unser Verhalten am Schabbat einen Einfluss auf die gesamte neue Woche nach sich ziehen kann. Freitags, kurz vor Schabbatbeginn, sollten wir uns kurz zurückziehen und versuchen, für jeden Wochentag einen positiven Punkt zu finden. Dies setzt voraus, dass wir uns freitags daran erinnern müssen, wie wir den Sonntag, den Montag, den Dienstag, etc. verbracht haben. Was haben wir an den Wochentagen Gutes getan und was an jedem einzelnen Tag der Woche ?

Allein das ist gar nicht so einfach und oft passiert es mir, dass ich mich partout nicht mehr an alle Handlungen am Sonntag erinnere. Wie war das noch gleich ? Was tat ich oder wo war ich ? War ich jetzt am Sonntag mit einem Freund im Cafe oder war es Montag ?

Überaus wichtig ist es, den Frummie Prozess langsam anzugehen und sich nicht heillos in alle Halachot zu stürzen. Nach ein paar Wochen kriegt Ihr die Krise und das war es dann. Stattdessen solltet Ihr die Begründung für einige Halachot, die ihr auf Eurem langen Weg einhalten wollt, finden. Eine genaue Erklärung, warum ich was tue hilf vielen weiter.

Beispiel: 
Warum ist der Schabbat ein Ruhetag und ich darf diverse Aktivitäten nicht ausführen ? Innere Einblicke liefern stets die Kabbalah, doch insbesondere chassidische Lehren und Insights. Am Schabbat stehen wir vor dem König, sprich G - tt, und befinden uns somit auf einem höheren Level. Auf einem Level, wo jegliche Arbeit, das Schreiben, Radiohören oder viele andere alltägliche Tätigkeiten keinen Platz haben.
Wenn jemand vor einem König steht, beginnt er dann am Handy zu telefonieren ?

Von keinem Neueinsteiger wird sofort erwartet, dass derjenige den Schabbat hält oder wer weiss wie perfekt tut. Langsame Schritte in eine Richtung sind eine richtige Entscheidung. Nichts überhasten und mit dem zufrieden sein, was man erreicht. Selbst mit dem, wo man scheitert, denn dann werden einem die eigenen Schwächen bewusst und derjenige kann daran arbeiten. Beispiel: Vor knapp zwei Wochen traf ich auf ein junges chassidisches Ehepaar, dass offen zugab, noch nicht jeden Schabbat in die Synagoge zu gehen. "Auf dem Level befinden wir uns noch nicht", so die Aussage der Beiden. Ehrlich und umunwunden zugegeben und gleichzeitig happy über das, was man bereits in frommen Welt erreicht hat. Im Grunde genommen geht jeder seinen eigenen Weg und jeder muss halt sehen, wie er voran kommt und wo es hakt. Ein erfahrener Rabbiner sollte in dem Prozess stets zu Rate gezogen werden. Nicht selten ist ein langjähriger Neureligiöser (Baal Teschuva) sogar hilfreicher, denn bei ihm kotzt man sich sozusagen eher aus als beim Rabbiner.

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