Montag, März 31, 2008

Zeitweiliger Umzug

B"H

In wenigen Tagen ziehe ich auf befristete Zeit nach Tel Aviv um. Arbeitsmässig habe ich dort viele Dinge zu erledigen und ich ziehe es vor, lieber an Ort und Stelle zu sein. Trotzdem werde ich nach Jerusalem zurückkehren und hoffentlich nicht in TA versinken. Außerdem werde ich mindestens zweimal pro Woche eh in Jerusalem sein, denn dort wartet der Job in der Bäckerei. Auch über Schabbat komme ich häufig.

Obwohl ich alles andere als ein Tel Aviv Fan bin, freue ich mich auf meinen Aufenthalt. Tapetenwechsel und einmal etwas anderes sehen. Manchmal muß man einfach aus Jerusalem raus, weil einem die Decke auf den Kopf fällt. Immer die gleichen Leute und dieselben Orte. Immerhin gibt mir Tel Aviv die Möglichkeit, das haredische Bnei Brak besser kennen zulernen und darüber zu berichten. Ich glaube, dass es am Schabbat mehr chassidische Tische in Bnei Brak gibt als in Jerusalem. Allein die zerstrittenen Vishnitz - Brüder haben schon zwei.

Auch will ich die Bnei Braker Hauptzentrale der israel. Anti - Missionsorganisation "Yad LeAchim" näher unter die Lupe nehmen, denn eine Bekannte arbeitet dort in deren Führungsspitze. Aber auch Jerusalem wird bei der Berichterstattung keinesfalls zu kurz kommen.

Bei all dem Vorhaben hoffe ich natürlich, meine Blogs aufrecht erhalten zu können. Vielleicht manchmal weniger als gewohnt, aber ich bin optimistisch. Das Einzige, was wirklich nervt, ist der Umzug. Wenn ich auch nur ganz wenige Sachen mitnehme, aber ich hasse einfach das Umziehen.

Photos aus Bnei Brak bei Tel Aviv



Rechtfertigung: "Laschon HaRah"

B"H

"Laschon HaRah" - die sogenannte böse Zunge.
Im Judentum ist es ein ernsthaftes Vergehen, Laschon HaRah zu sprechen; heißt, über seine Mitmenschen zu lästern und schlecht über sie zu reden.

Schon im Talmud ein häufig aufgeführtes Konzept wurde die "Laschon HaRah" erst nach Veröffentlichung des Buches "Schemirat HaLaschon - die Hütung der Zunge / Sprache" durch den Chafetz Chaim (Rabbi Israel Me'ir Kagan, 1838 - 1933, Polen) zu einem nicht mehr wegzudenkenden Thema. Der Chafetz Chaim beschreibt ausführlichst, was genau "üble Nachrede" ist. Nicht nur, dass man nichts sagen darf, sondern man darf es erst gar nicht denken.

Ein Beispiel wird immer von Rabbi Mordechai Machlis hierzu verwendet:

Einmal heiratete ein Paar und kurz nach der Hochzeit wurde der frischgebackene Ehemann rabiat. Er wurde sogar so brutal, dass er seine Frau fast umbrachte. Als man später seine Bekannten fragte, gaben diese zu, gewußt zu haben, dass es sich bei ihm um einen Psychopathen handelt, der schon mehrere Male in der Psychiatrie einsaß. Auf die Frage hin, warum sie denn nichts der Braut gesagt hatten, gaben sie an, dass sie keine Laschon HaRah haben sprechen wollen.

Wo beginnt wirklich die Laschon HaRah und wo hört sie auf ?
Genau zu sagen vermag dies niemand. Auch ich wurde in diesem Blog schon mehrere Male der Laschon HaRah bezichtigt. Vor allem immer dann, wenn meine Meinung anderen nicht passte. So ging es um das Verhalten von Konvertiten zum Judentum genauso als ich berichtete, einen in Deutschland tätigen Rabbiner beim Oberrabinat (Rabbanut) gemeldet zu haben, da dieser im großen Stil Konversionszertifikate verkaufen wollte bzw. verkauft hat.
Zur Beruhigung aller: Ich fragte die Rabbiner des Rabbanut, ob es sich meinerseits um Laschon HaRah handele. Nein, kam die Antwort, denn vieles muß gesagt werden. Insbesondere Gesetzesverstöße bzw. kriminelle Handlungen. In meinem Artikel nannte ich den Namen des besagten "Rabbis" nicht, obwohl ich es legal hätte tun können (so eine Bekannte von mir, die als Anwältin in einem der hiesigen Ministerien arbeitet).

Soviel zu undurchdachten Laschon HaRah - Anschuldigungen. Es überrascht leider immer wieder neu, wie Leute, die etwas unter den Teppich zu kehren haben, mit der Laschon HaRah - Anschuldigung zur Stelle sind. Nur vergessen sie dabei gerne, dass sie damit jemanden schützen, der eigentlich vor ein Gericht gehört.

Auch in anderen relig. Blogs sowie der israelischen Gesellschaft ist das Thema "Laschon HaRah" gerade in diesen Tagen ein vieldiskutiertes Thema. Es geht dabei um die Mutter von 12 Kindern, welche vor einer Woche wegen Kindesmißhandlung in der Stadt Beit Schemesch bei Jerusalem verhaftet worden war. Die Mutter war vor ca. sieben Jahren religiös geworden und zählt sich als Mitglied der fanatischen Gruppe der Rabbanit Beruriah. Inwieweit haben gruppennahe Rabbis in Beit Schemesch von dem Kindesmißbrauch gewußt ?

Die säkulere israelische Presse stürzt sich jedesmal gerne auf die haredische Gesellschaft wenn es um Skandale geht. In der haredischen Gesellschaft selbst werden Kindesmißhandlung, Vergewaltigung, Alkoholismus, Drogenkonsum, etc. fast immer totgeschwiegen. Anstatt die Polizei zu holen, schweige man und schicke die Täter zu einem Rabbi zwecks Heilung. Wenn sich Frauen wegen sexueller Belästigung beschweren, werden sie nicht selten selber zum Sündenbock abgestempelt. Und welche relig. Familie will schon gerne einen öffentlichen Makel davon tragen ? Man zieht es eher vor zu schweigen, um nicht mißliebig angeschaut zu werden. Gesellschaftsverhalten mit denen auch ich keineswegs übereinstimme und nur wenige Leute zeigen den Mut, Anzeige zu erstatten.

Schon im Talmud wurde der Kindesmißbrauch diskutiert:
Im Traktat Moed Katan 17 werden Fälle diskutiert, in denen relig. Schüler sowohl als auch Rabbiner ihrem Verlangen erliegen. So heißt es in der Gemara (rabbinischen Diskussionen), dass sobald eine Person sein negatives Verlangen verspürt, er sich an einen anderen Ort begeben soll, wo man ihn nicht kennt (in eine andere Stadt, zum Beispiel). Außerdem soll er sich in Schwarz kleiden. An dem fremden Ort darf er tun, was er will, ohne jedoch den Namen G - ttes zu beschmutzen.

Leider wird heutzutage leicht alles in die Laschon Harah mit einbezogen und somit werden diverse Vorgänge verborgen. Was aber geschieht, wenn es zu Wiederholfällen kommt ? Wer trägt dann die Schuld ? Diejenigen, die immer auf die Laschon HaRah pochten schweigen verlegen. Trotz der Laschon HaRah - Anschuldigung sollten viele dennoch den Mut aufbringen, gewisse Dinge ans Tageslicht zu bringen, damit eine gerichtliche Bestrafung erfolgen kann. Vielmals können so andere Menschen vor Leid bewahrt werden.

Ein nicht wegzudenkender Punkt sei noch genannt:
Die üble Nachrede betrifft nicht nur andere. Genauso ist es mir verboten, Laschon HaRah über mich selbst zu sagen. Ich soll mich nicht nur in einem negativen Licht darstellen, sondern auf meine positiven Charaktereigenschaften konzentrieren. Ein großer Verfechter dessen war der chassidische Rebbe, Rabbi Nachman von Breslov:
"Nur wenn ich positiv eingestellt bin, kann ich auch die Mitzwot (Gesetze) dementsprechend ausführen. Nichts ist schlimmer als relig. bedingte Depression; unter anderem auch, weil ich mich selbst herabsetze".

Sonntag, März 30, 2008

Infos zur Neturei Karta

B"H

Wer an eingehenderen Infos zur antizionistischen Neturei Karta interessiert ist, der klicke hier:

Ich habe versucht, einiges Aktuelles wiederzugeben.

http://chassidicstories.blogspot.com/2008/03/kleiner-berblick-die-neturei-karta.html

Allerdings beziehe ich mich dabei weitgehend nur auf Mea Shearim und nicht auf London oder New York.

Nichtjuden bei der Pessach - Seder ?

B"H

Jedes Jahr kommt kurz vor Pessach diese Frage immer wieder neu auf: "Können Nichtjuden an einer Pessach – Seder teilnehmen ?"

Bei Reformjuden scheint es nichts Außergewöhnliches sein, wenn sie zu ihrer Seder auch Nichtjuden einladen; orthodoxe Juden (mich eingeschlossen) fühlen sich mehr als unwohl dabei. Mir sind in meinem Bekanntenkreis keine orthodoxen Juden bekannt, die Nichtjuden zu ihrer Seder einladen und außer Rabbi Mordechai Machlis lädt auch niemand von ihnen nichtjüdische Gäste zum Schabbat ein. Übrigens fällt Rabbi Machlis an Pessach flach, da er jedes Jahr mit seiner Familie zum Fest verreist und die Pessachfeiertage privat verbringt.

Was aber ist gerade an Pessach so problematisch, Nichtjuden einzuladen ?

Zuerst einmal finde ich es höchst seltsam, wenn diverse Kirchengemeinden auf die Idee kommen, ihren Mitgliedern eine Pessach – Seder anzubieten. Ich brauche nicht lange nachdenken, um festzustellen, dass Pessach ein einzig und allein jüdisches Fest ist. In der Thora wurden die Juden beauftragt, diesen Feiertag einzuhalten und keine ungesäuerten Brote zu essen bzw. während dieser Zeit kein Chametz (Getreideprodukte wie Nudeln, Bier, Brot, etc.) im Haus zu haben. Wer als Nichtjude eine eigenständige Seder feiert, der kopiert etwas, was ihm nicht gehört.

Ich habe diesbezüglich versucht, etwas in der Halacha (jüdische Gesetzgebung) zu finden und bin auf Unterschiedliches gestossen. Wobei es gerade aufgrund der Halacha in orthodoxen Kreisen absolut unüblich ist, Nichtjuden zur Seder einzuladen. Die Halacha besagt, dass ein Jude an einem Feiertag von einer bestehenden Flamme kochen darf. Dies aber nur für einen Juden und NICHT für einen Nichtjuden. Das Hauptargument gegen Nichtjuden bei der Pessach – Seder besteht also in der Gefahr, dass Juden für einen Nichtjuden kochen. Am Schabbat hingegen bestehe diese Gefahr nicht, denn am Schabbat wird ja grundsätzlich nicht gekocht.

Das Afikoman, jene zerbrochene Mazzah, welche am Sederabend erst versteckt und später gegessen wird, repräsentiert das einstmalige Pessach – Opfer im Tempel. Jedes Jahr zu Pessach kamen sämtliche Juden zum Jerusalemer Tempel, um dort ihr Pessach – Lamm zu opfern und es bei der Seder zu verspeisen. Ein biblisches Gebot (Exodus 12:43) besagt, dass ein Nichtjude NICHT von diesem Pessach – Opfer essen darf. Es ist ihm absolut verboten !!!!

Da wir derzeit keine Pessach – Lämmer opfern können, weil wir keinen Tempel besitzen, verkörpert ein gesondertes Stück Mazzah, welches AFIKOMAN genannt wird, dass eigentliche Lamm. Somit darf ein eventuell eingeladener Nichtjude von dem Afikoman nicht essen.

Auch gibt es Restriktionen beim Anfassen einer geöffneten Weinflasche. Wie wir alle wissen, werden bei der Seder von jedem einzelnen vier Gläser Wein bzw. Traubensaft getrunken. Sollte der Wein nicht gekocht sein und der Nichtjude faßt eine geöffnete Weinflasche an, hat der Gastgeber ein riesiges Kasschrutproblem und der Wein darf nicht mehr verwendet werden.

Der Talmud Traktat Pesachim 3b erzählt von einem schwerwiegenden Verstoß gegen das biblische Gesetz, nachdem ein Nichtjude nicht vom Pessach – Opfer essen darf:

Ein Aramäer ging nach Jerusalem, um dort vom Pessach – Opfer zu essen. Einmal sagte er vor seiner Abreise (nach Jerusalem) zu Rabbi Yehudah ben Bateirah: "Es steht geschrieben, dass kein Fremder vom Pessach – Opfer essen darf; - und es steht ebenso geschrieben, dass kein unbeschnittener Mann davon essen darf. Warum also esse ich die besten Stückchen des Pessach – Opfers ?
Rabbi Yehudah ben Bateirah sagte: "Geben sie Dir das Fett vom Schwanz zu essen ?" – "Nein, antwortete der Aramäer.
Rabbi Yehudah ben Bateirah sagte zu ihm: "Wenn Du wieder nach Jerusalem gehst, dass sage ihnen dort, "Gebt mir vom Fett des Schwanzes zu essen."
Und so geschah es; der Aramär verlangte tatsächlich das Fett des Schwanzes. Dort sagten ihm jedoch die Rabbiner, dass das Fett des Schwanzes ausschließlich auf dem Altar geopfert wird und somit nur G – tt allein es bekommt (siehe Leviticus 3:9). Die Rabbiner fragten den Aramäer, wer ihm denn gesagt hätte, er dürfe von diesem besonderen Fett essen. "Rabbi Yehudah ben Bateirah", erwiederte der Aramäer. Die Rabbiner waren fassungslos, forschten eingehend nach und fanden heraus, dass der Aramäer gar kein Jude war. Daraufhin exekutierten sie ihn und sandten die folgende Nachricht zu Rabbi Yehudah ben Bateirah: "Friede sei mit Dir, Rabbi Yehudah ben Bateirah – Du befindest Dich zwar in Netzivin, aber Dein Wort reicht bis nach Jerusalem."

Diese Gemara (rabbinische Diskussion) ruft uns nun keineswegs dazu auf, alle Nichtjuden, welche vom Afikoman bzw. dem Pessach – Opfer essen, umzubringen. Vielmehr verdeutlicht sie, wie extrem wichtig dieses Gesetz ist und wie strikt es zu Tempelzeiten eingehalten wurde und auch heute eingehalten werden soll, da die Thora in alle Ewigkeit Geltung besitzt. Im Talmud wird oft darauf hingewiesen, dass die Menschen nur für sich in Anspruch nehmen sollen, was ihnen auch zusteht. Zum Beispiel schielte König David's Sohn Avschalom auf den Thron, obwohl dieser von G -tt für Salomon (Shlomo) auserwählt war. Korach rebellierte gegen Moshe, weil er die Herrschaft für sich allein haben wollte. Beide, Avschalom sowie Korach verloren. Mit dem Pessach – Lamm verhält es sich genauso. Es ist für jene bestimmt, denen es zusteht – sprich den "Juden". Die Geschichte des Auszuges aus Ägypten, welche an Pessach aus der Haggadah vorgelesen wird, ist eine reine jüdische Angelegenheit. Insgesamt kann ich mir keine gravierenderen Punkte vorstellen, wo hier Nichtjuden mit einbezogen werden. Genau wie am Yom Kippur (Versöhnungstag) handelt es sich bei Pessach um ein rein jüdisches Fest.

Eine weitere Frage stellt sich, ob Konversionskandidaten zum Judentum eingeladen werden dürfen. In orthodoxen Kreisen wird dies so gehandhabt, dass nur jene potentiellen Konvertiten eine Einladung erhalten, welche sich in ernsthaften orthod. Konversionskursen befinden. Demnach bestehe auch nicht unbedingt der Verdacht, für einen Nichtjuden zu kochen. Aber zu dem Punkt gibt es viele Ansichten und mir sind selbst Leute bekannt, die Konvertiten erst nach ihrem vollständigen Giur zu einer Seder einladen. Vom Afikoman allerdings darf der Konversionskandidat erst NACH seinem abgeschlossenen Giur essen.

Wer in Jerusalem als Nichtjude eine Pessach – Seder sucht, der wird auf die allergrößten Schwierigkeiten stoßen. Jedenfalls im orthodoxen Bereich, vom haredischen erst gar nicht zu reden.

Samstag, März 29, 2008

"Aus dem Nichts" oder "Die unerwartete Normalität"

B"H

Normalerweise berichte ich nach jedem Schabbat, an welchen chassidischen Tischen meine Freundin und ich teilnahmen bzw. in welchen Synagoge wir waren. Diesesmal ist es genau umgekehrt. Ich berichte über ein Ereignis, will jedoch auf keinen Fall den Namen der chassidischen Gruppe nennen. Nur soviel: Die Gruppe ist in Mea Shearim beheimatet, gilt aber als eher offen.

Eines kann ich dennoch offen sagen: Zum freitaglichen Abendgebet (Erev Schabbat) waren wir, wie immer, in der Synagoge der Chassidut Karlin - Stolin. Nach dem Schabbatessen bei Rabbi Mordechai Machlis machten wir uns zu einem chassidischen Tisch auf. Wir besuchten eine Gruppe, bei der wir häufig zugegen sind, obwohl ich ausgerechnet gestern Abend plante, eine andere Gruppe aufzusuchen. Ein Bekannter aber meinte, er gehe zu der Gruppe und so entschieden wir uns spontan, auch dorthin zu gehen.

Der Tisch des Rebben verlief wie immer, nur schien es, dass die Chassidim noch müde von Purim waren. Alles kam nur schwer in Gang, obwohl der Rebbe alle Anwesenden zum Mitsingen aufrief. Einige Zeit später kam dann tatsächlich mehr Schwung hinein.
Die Frauenempore war mehr als spärlich besucht, aber meine Freundin und ich fanden zuerst keinen richtigen Sitzplatz und so standen wir neben einigen hinter der Mechitzah (Trennwand zu den Männern) sitzenden chassidischen Frauen.
Wie aus dem Nichts stand plötzlich ein junges Mädchen neben meiner Freundin und sprach sie auf Jiddisch an. Ein Mädchen aus besagter Gruppe. Meine Freundin, die weder des Jiddischen noch des Hebräischen richtig mächtig ist und ausschließlich Englisch spricht, vermittelte das Gespräch an mich weiter. Und so kam ein längeres intensives Gespräch zwischen mir und dem etwa 13 - jährigen Mädchen zustande. Ebenso aus dem Nichts lud sie uns zu sich nach Hause ein. Ihr Vater habe in einem anderen israel. Landesteil eine Yeshiva (relig. Schule) für jene relig. Studenten, welche in ihren eigenen relig. Familien nicht zurecht kamen und sogar aus den Yeshivot geflogen waren. Bevor solche relig. Jugendlichen ganz verloren gehen (siehe hier), richtete ihr Vater eine Institution ein, welche versucht, die Betroffenen wenigstens in der Religion zu halten. Ich fand das überaus interessant, denn gerade ich berichte mehr als häufig zu dem Thema. Außerdem führe ihr Vater fast jeden Schabbat Schabbatmahlzeiten mit vorwiegend amerik. Gästen durch und wir seien jederzeit herzlich eingeladen.

Einige Gesprächsfetzen:
Ich: Ich dachte immer, dass keine auswärtigen Gäste bei solchen Gruppen wie der Euren eingeladen werden. Alles liefe nur noch über Yeshivaschüler oder es sei denn, man stehe einer chassidischen Gruppe sehr nahe.
Sie: Nein, das stimmt nicht. Es gibt viele Plätze in Mea Shearim. Man muss nur wissen, wie.
Sie: Ich will Englisch lernen, denn daheim haben wir ständig amerik. Yeshivaleute zu Gast.
Ich: In der Schule lernt ihr kein Englisch, richtig ?
Sie: Richtig, aber ich will es privat lernen.
Sie: Es ist wichtig, dass relig. Jugendliche, die Probleme in der relig. Gesellschaft haben, auch weiterhin relig. bleiben. Mein Vater nimmt sie in seiner Yeshiva aus, damit sie nicht auf Abwege geraten.
Ich: Ich kann solche Leute durchaus verstehen, denn nicht jeder, der in die chassidischen Gesellschaft hineingeboren wird, passt auch hinein. Nicht jeder muss gerade Satmar sein. Manche haben Schwierigkeiten mit dem Gruppendruck und sich selbst.
Sie: Ja, das stimmt.

Wir redeten mindestens 15 Minuten und in der Zwischenzeit hatten sich andere Mädels aus der Gruppe bzw. einige Frauen zu uns gesellt, um dem Gespräch zu lauschen. Wiederum plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein ca. 15 - jähriges Mädchen auf und flüsterte meiner Gesprächspartnerin etwas ins Ohr. Ich ahnte, dass es nichts Gutes war. Kurz darauf sagte meine junge Gesprächspartnerin "Schabbat Schalom" zu mir und eilte davon. Meine Freundin schien sogleich die Lösung parat zu haben. Es gebe zwei ältere Frauen der Gruppe, welche uns die ganze Zeit über permanent angestarrt hatten. Aus welchen Gründen auch immer schienen sie die "Abgesandte" geschickt zu haben, um das offene Gespräch zu unterbinden.

Schon des Öfteren hatten wir bemerkt, dass uns gerade diese zwei Frauen missmutig anstarren. Warum ? Keine Ahnung. Nie haben wir je mit ihnen etwas zu tun gehabt geschweige denn mit ihnen gesprochen. Ich denke mir, dass es sich einfach um zwei, im Engl. sagt man "Miserable", Frauen handelt, die nichts anderes zu tun haben als alles unter Kontrolle zu halten. Meine Freundin meinte, dass sie vielleicht die Gruppe schützen wollen. Vielleicht. Aber immerhin könnten sie ja persönlich etwas sagen und keinen "Sklaven" vorbeischicken.

Danach geschah gar nichts. Wir blieben aus Absicht weiterhin dort und liessen uns nicht hinausdrängeln. Der Vorgang schien sich schnell herumgesprochen zu haben und viele Frauen nickten uns freundlich zu. Selbst die Rebbitzen.
Nur die zwei Missmutigen schwiegen. Das betroffene Mädchen hörte aus ihrem Winkel, in dem sie sass, nicht auf, mich anzustarren. Nach einer halben Stunde ging sie und tippte mir von der Seite auf die Schulter. Sie ginge heim und "Schabbat Schalom". Wir beide hatten unsere Konversation sehr genossen und anscheinend ließ sich sich nicht von den Aufseherdamen kleinkriegen.

So sind wir nun diese Woche am Überlegen, ob wir am kommenden Schabbat wieder hingehen oder nicht. Hingehen auf alle Fälle, denn wir lassen uns von den zwei "Damen" nicht rausekeln. Nur stellt sich die Frage, ob wir das Mädchen wiedersehen und unser Gespräch vielleicht anderswo fortführen können. Die Einladung täten wir schon gerne annehmen und mit dem Vater würde ich sehr gerne über seine Yeshivatätigkeit sprechen.

Freitag, März 28, 2008

Pläne

B"H

Und wieder haben wir sommerliche Temperaturen. Erst vor wenigen Tagen hörte ich, dass in Deutschland Schnee liegt. Purim im Schnee ? Brrr....
Jedenfalls wird es in Israel richtig warm und bevor jetzt einige so richtig neidisch werden, lasst Euch gesagt sein, dass die Hitze viel zu früh einsetzt. Eigentlich benötigen wir dringend Regen.

In der vergangenen Nacht wurden die Uhren auf Sommerzeit umgestellt und dadurch verschiebt sich nun auch der Schabbat auf eine Stunde später. Nichtsdestotrotz gehe ich mit einer Freundin zum Abendgebet (Maariv) zu den Chassidim von Karlin - Stolin und danach zu Rabbi Mordechai Machlis zum Schabbatessen.

Später geht es zu den bekannten chassidischen Tischen mit den Rebben. Aber auch da müssen wir heute umdisponieren, denn manche antizionistische Gruppen stellen ihre Uhren nicht auf die Sommerzeit um. So kommt es zu Zeitverschiebungen und manche Tische beginnen später, andere wieder früher.

Falls jemand am Tisch der chassidischen Gruppe Belz interessiert ist: Belz wird garantiert den größten Zeitsprung zu vermelden haben und statt der winterlichen 21.00 Uhr erst um 23.00 Uhr beginnen.

Schabbat Schalom an alle Leser !!!!


Die Belzer Synagoge bei Nacht (Jerusalem)



Das Innere der Synagoge

Donnerstag, März 27, 2008

"Wo bitte gehts zum richtigen Ausgang" ?

B"H

Jeder Stammleser dieses sowie meines englischen Blogs weiß, dass ich mich mehr als häufig mit dem einer Problematik auseinandersetze, welche vor allem in Deutschland kaum bis gar nicht bekannt sein dürfte. Es geht um Haredim (Ultra – Orthod.), die sich entscheiden, ihre gewohnte Umgebung zu verlassen, um sich irgendwo anders ein neues Leben aufzubauen. Entweder werden sie säkuler oder auch nicht. Jeder Individualfall ist anders gelagert.
Mir liegt das Thema deswegen so sehr am Herzen, weil ich selbst einmal betroffen war und innerhalb all der verstrichenen Jahre immer noch keine für mich befriedigende Antwort / Lösung gefunden habe.

Hervorheben sollte ich aber auf alle Fälle, dass ich niemals vorhatte, die Religion geschweige denn G – tt zu verlassen; nur eine kleine Pause / "Auszeit" sollte schon her. Deswegen kann von Verlassen keine Rede sein. Außenstehende mögen meinen, dass die "Auszeit" nur ein anderes Wort für ein säkuleres Lotterleben ist. Eine Entschuldigung sozusagen, die einem gleichzeitig die Freiheit gibt, zu tun und zu lassen, was man will. In den ersten Wochen meiner "Auszeit" tat ich sicherlich alles andere als die Mitzwot (Gesetze) einzuhalten. Nur die ganzen Mitzwot zeitweilig vergessen, aber nur, um später wieder den Weg zurück einzuschlagen.

Es versteht sich von selbst, dass in jenem Verhalten gewisse Gefahren stecken. Wenn jemand von der Religion, der Gesellschaft bis hin zu einem selbst, die Schnauze gestrichen voll hat, ist es wesentlich vorteilhafter, eine Auszeit zu nehmen als konstant in einer Depression zu versinken. Wie gesagt, ich wollte weder Religion noch G – tt verlassen, sondern hatte lediglich die Nase voll von einer oft Druck ausübenden haredischen Gesellschaft sowie meinen eigenen Druck, den ich mir selber auferlegte. Jedoch kann man nicht von heute auf morgen dazu entscheiden einfach abzuhauen und sich eine Scheibe Schinken in den Mund zu schieben, nur um so seine Rebellion bekannt zu geben. Auf diese Weise der Gesellschaft klarzumachen, dass man die Schnauze voll hat und das einen alle einmal sonstwie können. Die Haredim hingegen reagierten in ganz unterschiedlicher Weise, sodass ich mehr als überrascht war. Nur ganz wenige fanden mein Benehmen abscheulich. Die Mehrheit dagegen zeigte sehr viel Geduld und war der Meinung, dass eine Krise immer nur zeitbedingt ist und ich eh früher oder später meinen Weg wieder zurückfinden werde.

Ich jedenfalls entschied mich vorerst, eine Auszeit zu nehmen, etwas anderes zu sehen und etwas anderes zu denken. Und so zog ich für einige Zeit zurück nach Deutschland, wo alles ganz anders ist. Dabei hatte ich jedoch vergessen, dass gerade in dem Lande niemand mein Problem verstehen wird. Die Mehrheit der deutschen Juden hat keine Ahnung vom haredischen Leben in Israel oder in New York. Wenn sie einen Chabadnik sehen, denken sie schon, sie seien in der Mitte von Mea Shearim. Alle meine Freunde waren Nichtjuden, denn Deutschland ist nicht wie England oder die USA, wo man haufenweise jüdische Freunde finden kann. Wer nicht ausgerechnet in Frankfurt, München oder Berlin lebt, der muß sich mit nichtjüdischen Freunden begnügen. Und mich andernorts mit Reformkonvertiten abzugeben liegt mir mehr als fern.

Die ganze Problematik spukt mir immer noch im Kopf herum, denn wie gesagt, habe ich noch nicht herausgefunden, warum mir das passiert ist. Ich weiß nur zu gut, dass wenn ich mich zu einem orthodoxen oder besser gesagt chassidischen Rabbiner begeben würde, er mir rät, jetzt endlich einmal den Sprung zu wagen und zurückzukehren, anstatt ewig zu jammern oder nach Gründen zu suchen. Agieren und nicht zuviel nachzudenken.

Vielleicht ist das mein Problem, wer weiß. Nichtsdestotrotz bin ich auf der Suche nach einer perfekten Lösung und vielleicht sollte man das Problem bei der Wurzel anpacken, eh man sich voreilig in irgendeine neue Situation stürzt.

Für mich hat sich die "Auszeit" sehr positiv ausgewirkt, obwohl ich sie mehrheitlich ganz und gar nicht genossen habe. Sobald man die Mitzwot nicht einhält, kriecht einem sofort das Schuldgefühl in die eigenen Gedanken. Während einer Mittagspause ging ich einmal in eine Schlachterei, um mir eine belegte Semmel zu kaufen, welche nicht gerade vor Kaschrut triefte. Bei der Bestellung an der Ladentheke hatte ich unweigerlich das Gefühl, dass mich jetzt alle Anwesenden im Laden anschreien werden: "Diese Wurst ist nicht für Dich und Du mußt koscher essen." Dennoch war es kein Schuldgefühl, welches mich wieder auf die relig. Bahn zurückverfrachtete. Nach einer Weile des Lotterlebens sah ich ein, dass es dumm und oberflächlich war. Ich machte mir nur etwas vor und die ganze Flucht erschien keinen Sinn mehr zu ergeben. Das war dann auch der Moment, indem ich meine tief im Schrank verstauten relig. Bücher wieder hervorholte und meine Krisen erneut zu überdenken begann.
Ich hörte einmal von einem israelischen Rabbiner, dass jeder "Fall" auch etwas Positives mit sich bringt. Man fällt religiös oder spirituell recht tief, aber nur um sich letztendlich zu besinnen und somit zu einem höheren Level aufzusteigen. Jedenfalls geht es vielen wie mir so. Und ein "Fall" macht einen nicht zum "hoffnungslosen Fall". Besonders Rabbi Nachman von Breslov warnt vor relig. Depression und Krise (aber auch der Alter Rebbe von Chabad in seinem Buch TANYA). Rabbi Nachman macht in seiner Literatur jedem Hoffnung sich aus dem Fall zu befreien und neuen Mut zu schöpfen. Nur niemals resignieren, so seine Worte.

Nicht jeder Jude ist dazu bestimmt, sich der haredischen Gesellschaft anzupassen oder unterzuordnen. Und nicht jeder eträgt eine Gesellschaftsform, die oft zuviel Druck ausübt bzw. einen dazu verleitet, Druck auf sich selbst auszuüben. Wenn jemand hineingeboren worden ist, dann ist es natürlich umso schwerer, sich klarzumachen, dass man irgendwo fehl am Platze ist.
Vor wenigen Tage machte ich mir einmal die Mühe, die Website der israelischen Organisation "Hillel" etwas näher unter die Lupe zu nehmen. Hillel verhilft Haredim, welche sich fest entschlossen haben, ihr bisheriges Leben aufzugeben, zu einem neuen Start. Sozusagen ein neues Leben aufzubauen. Ein neues Leben ohne die Religion. Jeder, der will, kann Hillel anrufen. Die Nummer ist leicht im Internet zu finden und aus Sicherheitsgründen vermeidet es die Organisation, ihre Adressen in Jerusalem und Tel Aviv zu nennen. Einige Male schon wurde ihr Büro von Haredim gestürmt und verwüstet.

Als ich mich damals in der Krise befand, hielt ich die Telefonnummer von Hillel in der Hand und dachte daran anzurufen. Mir war ihre Jerusalemer Lokalität bekannt und genau drei Stunden saß ich gegenüber in einem Park und dachte nach. Schließlich entschied ich mich, nicht anzurufen. Eine nationalreligiöse Sozialarbeiterin hatte mich gewarnt: Wer erst einmal in einem Hillel – Programm landet, der kann die Religion vergessen. Hillel gibt einem Unterkunft (denn in aus der haredischen Gesellschaft ist man raus und hat kein Zuhause mehr) und eventuell einen Job; grundlegendes Ziel der Organisation ist es jedoch, die Aussteiger absolut von der Religion fernzuhalten. Auf ihrer Homepage suchen sie standing Voluntäre und ich frage mich ernsthaft, was mir da so ein säkulerer Voluntär erzählen bzw. wie er mir helfen will, wenn er von der Problematik Null Ahnung hat. Und was ist überhaupt, wenn es sich um jemanden wie mich handelt ? Jemand, der nur zeitweilig aussteigen und klare Gedanken fassen will ? Besonders dann ist man mit Hillel mehr als schlecht beraten, da es sich um eine völlig säkulere Einrichtung handelt. Und was weiß da ein Voluntär von den Krisen, in denen man sich befindet ?

Die Jerusalemer Stadtverwaltung (und vielleicht auch andernorts) bietet da schon bessere Lösungen an. Sie verfügen über ein professionelle Sozialarbeiternetz und es wird versucht, einen Kompromiß zwischen den Eltern und dem Aussteiger auszuarbeiten. Die Lösung betrachte ich als weitaus effektiver. Selbst wenn sich jemand für den endgültigen Ausstieg entscheiden sollte, ist es immer ratsamer, mit der eigenen haredischen Familie in Kontakt zu bleiben und nicht alles total aufzugeben. Hierin scheitert Hillel, denn ihre interne Politik lautet "Weg von der Religion und weg aus der gewohnten Umgebung". Aber jeder muß bekanntlich selber entscheiden, was gut für ihn ist.

Wer sich tatsächlich nur eine "Auszeit" nehmen will, der ist mit Hillel schlecht beraten. Er verschwndet seine Zeit und die Institution selbst ist reine Zeitverschwendung.

Was also ist dann das Beste für den Betroffenen ?
Mit einem Rabbi oder einem relig. kompetenten Sozialarbeiter reden ? Selbst wenn dem nicht so sein sollte, wird fast jeder nach einer Weile irgendwie wieder zurückfinden. Langsam fällt er eine Entscheidung und auch die Rückkehr sollte langsam angegangen werden.

Parashat Schemini - פרשת שמיני

B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

Diese Thoraparasha beginnt mit dem Wort "Vayehi - ויהי" (und es geschah…).Und "Vayehi" deutet uns jedesmal wieder neu an, dass im weiteren Verlauf der Parasha nichts Gutes folgen wird. In der Gemara im Talmud Traktat Megillah 10b heißt es, dass schon die Sanhedrin festlegten, dass das Wort VAYEHI immer eine Tragödie einleitet. Die Gemara nennt dazu einige Beispiele, von denen das berühmtes sicher der Beginn der Megillat Esther (das Buch Esther) ist:

"Und es geschah in der Zeit des Achaschwerosch…".
Auf diese Einleitung folgte die uns so bekannte Tragödie, in welcher Haman die Vernichtung des Jüdischen Volkes beschloß.

Auch wenn die Einleitung zur Parasha negativ ist, begann doch der Tag mit einem freudigen Ereignis. Es war Rosh Chodesh Nissan (der Beginn des jüdischen Monats Nissan) und das Tabernakel (Mischkan) wurde offiziell errichtet (Rashi, Ibn Ezra, Abarbanel). Nachdem die Tempelpriester (Cohanim) in der letzten Parashat Zav ihre Anweisungen erhielten, schritten sie nun zur Tat und begannen ihren Dienst. Aber noch am selben Tag nahm das Schicksal seinen Lauf. Die zwei ältesten Söhne Aharons, Nadav und Avihu, brachten ein "fremdes Feuer", welches nicht vom Altar kam (Rabbi Akiva), und entzündeten darin die Ketoret (verschiedene Pflanzenzutaten für die Opferung). Sofort kam ein Feuer vom Himmel, trat in die Nasenlöcher von Nadav und Avihu ein und verbrannte ihre Seelen (Neshamot). Leblos fielen die zwei Körper zu Boden. Die Leichen und deren Kleidung waren vollkommen in Takt, doch die Seelen hatten die Körper verlassen (Talmud Sanhedrin 52a).

Der Yad Ramah kommentiert hierzu, dass Nadav und Avihu mit ihren Seelen sündigten und so wurden ihre Seelen verbrannt. Rabbeinu Bachya sagt etwas Ähnliches: Sie sündigten mit Feuer und wurden so mit Feuer bestraft. Wie wir wissen und der Degel Machane Ephraim abermals erwähnt, sind alle Strafen G - ttes "Midah KeNeged Midah". Heißt, wenn wir sündigen, wird uns die Art der Sünde zum Verhängnis. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Generation von Noach. Seine Generation sündigte mit Flüssigkeit (Samen bei sexuellen Vergehen) und wurde aufgrunddessen mit Flüssigkeit (Wasser bei der Flut) bestraft.

Zum Tode von Nadav und Avihu gibt es unzählige Kommentare. Warum mußten die beiden Söhne Aharons sterben ? Auch wird gesagt, dass Aharon selbst dieses als seine eigene Strafe ansah, denn schließlich hatte er beim Bau des Goldenen Kalbes mitgeholfen (siehe Parashat Ki Tisa). Einige Meinungen lauten, dass die Söhne Aharons nicht heiraten wollten und deshalb bestraft wurden. Sie sollen sich als etwas Besseres gefühlt haben und keine Frau erschien ihnen gut genug. Der Talmud Sanhedrin 52a nennt ein anderes Beispiel. Einmal geschah es, dass Nadav und Avihu hinter Moshe und Aharon hinterher gingen und sich fragten, wann denn nun endlich die beiden älteren Herren sterben würden, damit sie selbst die Führung der Israeliten übernehmen können. Rabbi Samson Raphael Hirsch glaubt, dass Arroganz ihren Tod verursachte. Doch die verbreiteste Meinung ist die des Rabbi Yishmael: "Nadav und Avihu waren betrunken als sie ihr Opfer darbrachten".
Rabbi Yishmael ersieht diesen Grund aus dem darauffolgenden von G - tt an Aharon gegebenen Gesetz, wonach Tempelpriester (Cohanim) niemals ihren Dienst betrunken ausführen dürfen.

Die zwei Talmud Traktate Keritot 13b und Shevuot 23a lehren, dass ein Cohen, der Wein getrunken hat, den Tempel nicht betreten darf. Warum nennt die Thora ausführlich den Wein und nicht ein anderes oder weiteres alkoholisches Getränk ? Laut Rabbeinu Gershom und Schitah Mekubetzet § 8 zeigt uns das Verbot des Weines an, dass für dieses Vergehen mit dem Tod vom Himmel geahndet wird. Die Gemara in Keritot 13b fährt fort, dass wenn der Cohen vor seinem Dienst im Tempel ein anderes alkoholisches Getränk zu sich nahm, er zwar für sein Vergehen verantwortlich ist, doch nicht mit dem Tode bestraft wird.

Erneut nahm ich gestern Abend an einem Shiur von Avivah Gottlieb – Zornberg zur dieswöchigen Thoralesung (Parashat HaShavua) teil und Avivah nannte zusätzliche interessante Aspekte. Hierbei stützte sie sich u.a. auf den Kommentar des Raschbam, einem Enkel Raschis:
"Das Feuer, welches im Mischkan (Tabernakel) von G – tt hervorkam ("und es kam ein Feuer von G – tt und konsumierte das verbrannte Opfer sowie dessen Fett), war eine Manifestation der Schechinah (Anwesenheit G – ttes). Die anwesenden Israeliten wurden Zeuge dessen und gerieten in Ekstase".

Warum nun brachten Nadav und Avihu ein fremdes Feuer in das Mischkan ? Und was ist ein fremdes Feuer ?
Der tragische Tod der Beiden findet in der Thora nur kurze Erwähnung, obwohl in einer zukünftigen Parasha (Acharei Mot) noch einmal von ihnen die Rede sein wird. Einige Kommentatoren sind der Meinung, dass Nadav und Avihu von den Geschehnissen einfach total überwältigt waren. Sie brachten keine Geduld auf, um auf das Feuer G – ttes zu warten und dachten, sie selber seien in der Lage, etwas hervorzurufen. Manchmal denken wir nur allzu oft, dass wir alles im Griff haben; selbst G – tt.
Die Söhne Aharons wollten nicht warten, bis G – tt Seine Anwesenheit offensichtlich machte, sondern vielmehr wollten sie Ihn "zwingen" eine Reaktion zu zeigen. Anhand von Opferungen (Korbanot) kann man gewisse Reaktionen G – ttes hervorrufen (Vergebung für Vergehen, etc.). Beide handelten also aus Ungeduld; schnell schnell wollten sie G – tt zwingen, zu reagieren. Nicht aus böser Absicht heraus, sondern weil sie einfach auf einem zu hohen spirituellen Level waren. Die Geschehnisse und Wunder hatten sie überwältigt und anstatt einigermassen bodenständig zu bleiben, flogen sie im wahrsten Sinne des Wortes "spirituell" auf und davon.
Insbesondere die chassidische Literatur sieht in Nadav und Avihu keinesfalls die Bösewichter, sondern vielmehr fromme Menschen, die durch ihren übergroßen, wenn auch positiv gemeinten, Eifer ein tragisches Ende fanden.

Gleich nach diesem neuen Gesetz gibt es weitere neue Mitzwot (Gesetze), nämlich die Kaschrut (Koschergesetze). Welche Tiere sind für unseren Genuß koscher und welche nicht. Und wieso überhaupt koscher ? Was genau bringt uns das ?
Viele sind der Ansicht, dass uns diese Gesetze aus gesundheitlichen Gründen gegeben wurden. Dennoch, der eigentliche Grund ist nicht materiell, sondern spirituell. Da ein Jude die Kapazität für ein spirituelles Leben besitzt, gibt uns G - tt spirituelle Nahrung, damit wir spirituell wachsen können. Durch die Einhaltung der Kaschrut - Gesetze steigen wir spirituell auf und erreichen so mehr Keduscha (Heiligkeit). Unsere Neshama (Seele) befindet sich so auf einem viel höheren Level. Sobald wir unkoscheres Essen zu uns nehmen, verletzen wir unsere Seele (das kabbalistische Buch ZOHAR). Es geht im Leben nicht allein darum, seine eigenen materiellen Gelüste zu befriedigen; heute habe ich Lust auf Schweinefleisch oder einen Cheeseburger etc. Was bringt uns die kurzweilige Befriedigung ein ? Wenn wir so denken, handeln wir nicht mit unserer Neshama, sondern einem niedrigen Seelenlevel, der Nefesh. Die Nefesh ist sozusagen der tierische Instinkt in uns. Mit dem Einhalten der Kaschrutgesetze sollen wir Disziplin lernen und uns so auf der spirituellen Leiter nach oben bewegen (unter anderem Rabbi Samson Raphael Hirsch).

Das Thema "Kaschrut" scheint geradezu unerschöpflich zu sein. Allein der Talmud Traktat Chullin nimmt sämtliche Verbote detaillert auseinander. Was ist erlaubt und was unkoscher ? Inwieweit müssen die inneren Organe einer Kuh inspiziert werden ? Dürfen die Organe oder die Luftröhre Löcher haben ? Was geschieht, wenn einer Kuh die Leber oder ein anderes Organ fehlt ? Die Erläuterungen im Talmud sowie im Schulchan Aruch (Code of Jewish Law) sind dermassen zahlreich und kompliziert, dass man ganze Bücherwelten darüber verfassen könnte.
Nur ein kleines Beispiel:
Die Mischna (mündliche Gesetzesgebung an Moshe durch G - tt am Berg Sinai) im Traktat Chullin 59a führt auf, dass die Thora zwar die Erkennungsmerkmale für koschere Tiere auflistet, aber die Merkmale für koscheres Geflügel ausläßt. Einzig und allein beschränkt sich die Thora darauf, 24 verschiedene verbotene und erlaubte Geflügelarten aufzulisten, ohne jedoch die genauen Erkennungsmerkmale zu definieren. Gelehrte Rabbiner analysierten die Unterschiede zwischen Turteltauben und deren unkoscheren Spezien, und auf diese Weise wurde eine Bestimmung der Erkennungsmerkmale möglich gemacht.

Der dieswöchige Schabbat ist gleichzeitig auch Schabbat Parah. Die Rote Kuh (Parah Adumah) wurde zu Tempelzeiten auf dem Ölberg, gegenüber dem Tempel, verbrannt und ihre Asche diente der Reinigung von Personen, welche sich, z.B., durch das Anfassen einer Leiche, verunreinigt hatten.

Der Schabbat Parah folgt immer dem Purim - Fest und an ihm wird zusätzlich zur regulären Thoralesung (in diesem Falle "Schemini" ebenso die Parashat Parah gelesen (Numeri / Sefer BaMidbar 19:1 - 22). Die Haftarah wird aus dem Propheten Yechezkel 36:16 - 38 gelesen.

Das Gesetz der Roten Kuh ist ein einziges Paradox und selbst der weise König Salomon (Schlomo HaMelech) gab es auf, den Sinn zu verstehen. G - tt trägt Moshe auf, eine Rote Kuh ohne jegliche Schönheitsfehler zu finden und sie in einem bestimmten Ritus durch Tempelpriester (Cohanim) verbrennen zu lassen. Danach wird die Asche der Kuh mit Wasser vermischt und unreine Menschen sowie Tempelgegenstände (Geschirr) werden, nachdem sie mit dem Wasser in Berührung gekommen sind, wieder rein. Körperlich genauso wie in ihrer Seele (Neshama). Allerdings wird derjenige, der den Verbrennungsprozess ausführt, gleichzeitig unrein. Genau darin besteht das Paradox. Wie kann etwas, was eigentlich rein macht, andere wiederum unrein machen ?

Wie genau die Prozedur zur Verbrennung der Roten Kuh abzulaufen hat, beschreibt der Talmud Traktat Parah. Insgesamt wurden von der Zeit Moshes bis hin zur Zerstörung des Zweiten Tempels (70 nach Beginn der Zeitrechnung durch die Römer) neun Rote Kühe geopfert. Es heißt, dass die zehnte Kuh vom Meschiach geopfert werden wird.

Schabbat Shalom

Mittwoch, März 26, 2008

G - tt ist kein toter Jude am Kreuz

B"H

An dieser Stelle soll nicht die ganze Karfreitagsdiskussion wieder aufgerollt werden. Eigentlich war es schon recht seltsam, dass ich vor wenigen Tagen nochmals mit dem Thema konfrontiert worden war. Vor einiger Zeit kontaktierte mich ein kath. Geistlicher, der noch bis kommende Woche in einer christlichen Jerusalemer Einrichtung ein Praktikum absolviert. Wir trafen uns zum Kaffee und er stellte mir mehr als zwanzig Fragen zum Judentum. Richtig deutsch organisiert übrigens; alle Fragen waren auf einem kleinen Notizzettel aufgelistet.

Meine Freunde fanden es witzig, dass ausgerechnet ich mich mit einem katholischen Geistlichen traf. "Ja, redet sie denn überhaupt mit dem ?", so fragte ein Rabbiner eine Freundin von mir.
"Ja, wieso denn nicht ?"
Der Geistliche hatte Fragen und warum soll man sie ihm nicht beantworten ? Missionieren tat er nicht, machte aber klar, dass es ihm schon wichtig sei, den Juden die christliche Sichtweise des J. zu erklären. Kurz gesagt, der Geistliche (und wahrscheinlich nicht nur er) verspürte den Drang der Erklärung und wieso sollen die Juden sich nicht einmal mit der Person des J. C. auseinandersetzen ? Mit Hitler täten sie das ja schließlich auch.
Den Vergleich zwischen J. C. und Hitler fand ich hier besonders amüsant.

Meine Meinung dazu war, dass die jüdische Religion keinerlei Veranlassung sieht, sich mit dem Fall J. C. auseinanderzusetzen. Wieso auch ? Spielt er im Judentum doch gar keine Rolle.
Okay, J. C. war selber Jude, aber historisch hat er unendliche Leiden über das Jüdische Volk gebracht. Pogrome, Inquisition und letztendlich den Holocaust.

Mag sein, dass J. C. anderes im Sinn hatte als derlei Katastrophen zu verursachen; der Meschiach oder G - tt war er jedoch ganz und gar nicht. Im Judentum klingt diese Behauptung eher absurd, basiert sie doch auf keiner einzigen Grundlage. Und wieso sollen wir uns mit einer Absurdität auseinandersetzen ? Als ob wir nichts Besseres geschweige denn Wichtigeres zu tun hätten. J. C. war eine Person, die wirklich gelebt hat. Der Meschiach war er nicht und wird es auch nicht mehr sein. Er ist tot und das wars. Akte geschlossen.

Als ich am Sonntag abend in der Ben Yehudah Fußgängerzone stand und einer begabten amerik. Sängerin lauschte, spazierte der Geistliche an mir vorbei und ich sprach ihn an. Spontan setzten wir uns zu einem Bier zusammen und diesesmal regte er sich über die jüdische Reaktion auf die wieder eingesetzte Fürbitte des Papstes auf. Insbesondere hatte er es auf Charlotte Knobloch und noch jemanden anderen aus dem deutsch - jüdischen Clan abgesehen. Den Namen des Letzteren weiß ich nicht mehr; wobei ich den Namen vorher eh noch nie gehört hatte. Die selbsternannte deutsch - jüdische Führungsschicht Friedman & Knobloch interessiert in Israel niemanden. Mich eingeschlossen.
Charlotte wer ?

Jedenfalls wetterte der Geistliche über "Charlotte Wer" und ich konnte, ehrlich gesagt, dem Thema nicht so ganz folgen. Obwohl ich zuvor darüber schrieb, tat ich dies anhand israel. Quellen und am Sonntag war es mir gänzlich unbekannt, dass die deutsche Presse sich genau vor dem Karfreitag erneut mit der Problematik auseinandersetzte. Soweit ich mitbekam, oder auch nicht, war in der israel. Presse an Purim ziemliche Ruhe eingekehrt.

Kurz gesagt, der Geistliche verstand nicht, warum sich alle über diese Fürbitte so aufregen. Es könne doch jeder beten, was er wolle.

Und genau darum geht es: Juden scheinen laut der Fürbitte anscheinend das Falsche zu beten und aufgrunddessen sieht es der Papst als eine Notwendigkeit an, für uns Juden beten zu lassen.
Ihm zufolge scheinen wir zu doof zu sein, die "Meschiachrealität" des J. C., zu kapieren. Wieso können wir nicht endlich das Osterlicht sehen und auf HappyClappy machen ?

Ganz einfach. Die Fakten stimmen nicht und jeder, der sich mit dem Thema auseinandersetzt, weiß dies. Ein toter Meschiach ? Was sollen wir denn damit ? Das reißt nun wirklich keinen Juden vom Hocker. Außer vielleicht einige Teile von Chabad mit ihrem letzten Rebben Menachem Mendel Schneerson.

Mir kommt diese Fürbitte, die Juden mögen doch endlich ihre Augen weit aufmachen und den wiederauferstandenen J. C. durch die Grabeskirche wandeln sehen, als einzige Herablassung vor. Was bildet sich der Papst samt seinem Führungsclan eigentlich ein, den Juden G - tt streitig zu machen ? Wir brauchen alles nur kein mitleidiges Von - Oben - Herab, welches uns andeutet, dass in unserem Denkvermögen etwas nicht zu stimmen scheint. Der "Heilige Geist" ist futsch und nur der Papst weiß noch, was hier Sache ist.

Und ich bin mir sicher, dass sich gerade der Papst im Judentum auskennt. Garantiert besser als seine Schäfchen, die da eifrig in den Kirchen nicken und ihre Händlein falten. Und wenn wir nicht endlich glauben, dann enden wir alle in der Hölle beim Teufel. Jahrtausende schon leidet das Jüdische Volk unter der Kirche. Zuerst der Katholischen und später genauso unter den obstrusen antisemitischen Ideen eines Martin Luther. Man könnte meinen, dass sich in unserer heutigen hochmodernen Industriegesellschaft einiges zum Toleranteren gewendet hat. Aber nichts da. Intoleranz und Antisemitismus haben Hochkonjunktur wie eh und je. Und das an einem Karfreitag, wo ein Jude starb.

Dienstag, März 25, 2008

Die Thora ist nicht im Himmel !!!

B"H

G - tt gab den Juden die Thora, damit diese sie in der unseren (irdischen) Welt einhalten. Die Thora ist einzig und allein für unsere Welt bestimmt und besitzt keinerlei Auslegungsrecht im Himmel. Allein die Juden sollen sie einhalten (Nichtjuden sind an die Sieben Noachidischen Gesetze gebunden), um sich somit selbst zu perfektionieren und G - tt näher zu kommen. Aber auch um anhand der Mitzwot (Gesetze) gewisse Tikunim (Seelenreparaturen) durchzuführen.

Selbst die Engel können die Thora nicht einhalten und damit befinden wir uns auf einem höheren Level als sie. Wir haben die Möglichkeit, uns auf höhere Level zu begeben, die Engel hingegen bleiben immer gleich.

Wir allein sind für die Auslegung der Thoragesetze verantwortlich. Zuerst war es Moshe und danach der Sanhedrin in beiden Tempeln. Seit der Tempelzerstörung haben wir keinen richtigen Sanhedrin mehr gehabt. Ich verzichte an dieser Stelle, auf den derzeitigen falschen selbsternannten Sanhedrin einzugehen, denn dieser besitzt keinerlei Relevanz geschweige denn Anerkennung. Erst nach dem Kommen des Meschiach und dem Bau des Dritten Tempels werden wir Juden wieder einen Sanhedrin haben.

Im Sanhedrin sassen keine Dummies oder wie christliche Missionare bzw. die Kirche gerne überhaupten, irgendwelche fundamentalistischen sturen Rabbis. Im Sanhedrin sassen die größten und gelehrtesten Rabbiner der damaligen Zeit. Halachagelehrte, die man mit falschen Beschuldigungen, Auslegungen oder Behauptungen (siehe J. C. sei der Meschiach) nicht so leicht hinters Licht führen konnte. Rabbiner die über eine grandiose Weisheit verfügten und jeder, der den Talmud in einer ernsthaften Art und Weise lernt, wird mir unweigerlich zustimmen.

Zu Zeiten des Sanhedrin kam es vor, dass dieser Gericht über einen komplizierten Fall saß und ein Beteiligter eine "himmlische Stimme - Bat Kol" vernahm. Heißt, derjenige hörte G - ttes "Stimme" - richtige einwandfreie Entscheidung zu dem Fall.
Was tat also derjenige ?
Er rannte geschwind zu den anderen Richtern und teilte denen mit, was er gehört hatte.

Allerdings lehrt uns die Gemara (rabbinische Diskussionen) im Talmud Traktat Bava Metziah 59b, dass wir einer himmlischen Stimme keinerlei Beachtung schenken sollen , wenn es sich um halachische Fragen handelt. Die Thora wurde am Berg Sinai an die Juden (Menschen) gegeben. Demnach müssen halachische Entscheidungen auch von Menschen getroffen werden. Des Weiteren führt die Gemara auf, dass G - tt selbst es war, der sagte, dass Entscheidungen gemäß einer Rabbinermehrheit (Gelehrte) fallen sollen.

G - tt gab uns die Thora in einer vermenschlichten Sprache, denn unser menschlicher Verstand soll ihren Inhalt einigermassen begreifen. Rabbi Yehoshua verstand dies so, dass G - tt sich niemals in halachische Dispute einmischt. Somit gelte die "himmlische Stimme - Bat Kol" nur als Test dafür, ob die Gelehrten wirklich auf ihrer Meinung bestehen oder nicht. Sie sind verpflichtet, die Halacha nach ihrem Verständnis auszulegen, selbst dann, wenn die Bat Kol etwas anderes besagt. Das irdische Urteil gilt. Punkt.

Weiterhin zum Thema:

Die schwarzen und weissen Buchstaben in der Thora

Aufruhr um die Kopfbedeckung

B"H

Führende sephardische Rabbiner regen sich gerade mächtig auf; da wagen es doch tatsächlich die Ehefrauen der SHASS - Knessetmitglieder, ihr Haupt mit einer Perücke zu bedecken.

"Shass" ist eine sephardisch - haredische (ultra - orthod.) Partei, welche in der Knesset vertreten ist.
Ihr geistiges Oberhaupt ist der ehemalige sephardische Oberrabbiner, Rabbi Ovadiah Yosef.


Rabbi Ovadiah Yosef



Und ausgerechnet Rabbi Yosef war es, der sogar mehrere Male festlegte, dass er das Tragen einer Perücke strikt ablehne. Die Frauen sollen ihre Haare gefälligst anderweitig bedecken (mit einem Tuch, etc.). Seiner Entscheidung zum Trotz tragen die Frauen der Shass - Politiker dennoch Perücken, was in der sephardischen Welt als eine Rebellion betrachtet wird.

Im orthodoxen Judentum bedecken verheiratete, geschiedene sowie verwitwete Frauen ihre Haare. Dies ist zwar kein Thoragesetz, sondern "nur" rabbinisch festgelegt, obwohl die Rabbiner meinen, dass es eine bestimmte Stelle in der Thora gebe, woraus man entnehmen kann, dass verheiratete Frauen ihr Haar bedecken.

In der heutigen Realität wimmelt es nur so von unterschiedlichen Ansichten bzw. Kopfbedeckungen. So tragen viele haredische Frauen nur Perücken (Chabad, Gur, Vishnitz, etc.) und andere überhaupt nicht (Breslov). Gemäß einem alten ungarischer Brauch rasieren sich verheiratete Frauen ihre Haare sogar ganz ab, setzen auf ihre blosses Haupt eine Perücke (manche Frauen der chassdischen Gruppen Satmar und Dushinsky) oder sie bedecken es mit einem Tuch (Toldot Aharon und Avraham Yitzchak).

Gruppen wie die Toldot Aharon sind es dann auch, welche die Perücke dermassen ablehnen, dass sie schon mal hier und da einen Perückenladen abfackelten. Jedenfalls in der Vergangenheit.
Aber damit ist es nicht getan, denn schließlich machen Gruppen wie Chabad und andere bei den Perücken noch weitere Unterschiede. Handelt es sich um Kunsthaar oder echtes Haar ?

Das Thema "Kopfbedeckung der orthodoxen Frau im Judentum" ist vielseitig und jede Gruppe bzw. deren Rebbe entscheidet darüber selbst.

Zum Shass - Aufruhr aber gibt es noch kein eindeutiges Urteil. Ganz zu schweigen eine Lösung.

Ein interessanter Artikel von Chabad:
http://www.chabad.org/library/article_cdo/aid/361767/jewish/Whats-With-the-Wig.htm

Montag, März 24, 2008

Die Chassidim an Purim

B"H

Jemand auf der Purim – Party von Rabbi Mordechai Machlis sagte mir gestern, dass dies das gelungenste Purim sei, das sie je gefeiert habe. Zuerst hielt ich diese Formulierung für übertrieben, doch im Nachhinein stimme ich ihr zu. Auch bei mir ist es so.
Gewöhnlich ging ich in jedem Jahr zu Megillah – Lesung (Buch Esther) zu Chabad in die Jüdische Altstadt. Dort jedoch war nie etwas Wirkliches geboten. Im Gegensatz zu den Chassidim in Mea Shearim weiß Chabad nicht zu feiern. Zumindest nicht in der Tzemach Zedek Synagoge im Cardo.

Wie schon beschrieben, ging ich mit einer Freundin zur ersten Lesung der Megillah zur Großen Synagoge der Breslover Chassidim in Mea Shearim. Ich kann die Synagoge nur weiterempfehlen; tolle Leute und ebenso tolle Gebete.

Gestern, an Purim Schuschan in Jerusalem, gingen wir zuerst zur Party in Rabbi Mordechai Machlises Haus. Es war gerammelt voll und wir befürchteten schon, keinen Platz mehr zu finden. Wider Erwarten gab es jedoch ausreichend Plätze. Das Essen war hervorragend, Dank Rebbitzen Henny Machlis und dem Küchenteam (den Machlis – Töchtern). Die zahlreichen Gäste waren so ziemlich voll, aber benahmen sich anständig.

Bei den Machlises







Gegen 19.00 Uhr machte ich mich mit zwei Freundinnen auf nach Mea Shearim. Eine davon begleitet mich eh ständig und die andere war noch nie mit dabei gewesen, aber ganz versessen darauf.

Ich glaube, dass die Leute außerhalb der haredischen Welt gar nicht mitbekamen, dass ausgerechnet gestern wilde Feiern in Mea Shearim abgehalten wurden. Obwohl Purim gegen 18.00 Uhr vorüber war, wurde noch bis mindestens 22.00 Uhr gefeiert. Die meisten Parties hatten um 17.00 Uhr (bei den Toldot Aharon) oder gegen 18.00 Uhr (bei den Avraham Yitzchak) begonnen.

Da niemand der üblichen auswärtigen Besucher anwesend war, hatten wir freie Bahn. Unser erstes Ziel waren die Toldot Aharon. Was soll ich sagen ? Es war übervoll.
Alle Frauen hatten längst die Plätze auf den Metallbänken in Beschlag genommen und es gab keinen freien Platz mehr. Das Einzige was wir vor uns sahen, waren Frauenbeine. Und so standen wir hinter einen kleinen weissen Metallabsperrung zwischen den Bänken.
Eine der Toldot Aharon Frauen paßte wachsam auf, dass an dieser Stelle sich nur weibliche Gruppenmitglieder hinter der Mechitzah (Trennwand zu den Männern) aufhalten. Stets schloß sie sorgsam das kleine weisse Tor.

Und plötzlich sprach sie mich an. Sie kenne mich vom Sehen und ich sei ja schon oft hier gewesen. Ob ich nicht passieren wolle, um mich hinter die Mechitzah zu stellen. Ich erwiderte, dass ich noch zwei Freundinnen dabei habe und ich nicht unbedingt näher rücken muß. Allerdings sagte ich ihr, dass wir jemanden dabei haben, die noch nie einen Tisch des Rebben gesehen hat. Am Ende winkte sie uns alle Drei durch. Sie gab uns ein paar Minuten und erklärte, dass alles mehr oder weniger abgesperrt sei, denn die Rebbitzen hätte ihre Familie da. Es vergingen ein paar Minuten und immer mehr Toldot Aharon Frauen strömten hinein. Mir wurde die Situation unangenehm, denn ich wollte anderen nicht den Platz wegnehmen und so beschlossen wir, zu gehen.

Ich weiß nicht, wer genau die Toldot Aharon Frau war, die uns einließ, aber ich möchte mich auf diesem Wege nochmals riesig bei ihr bedanken. Dies tat ich zwar schon persönlich, doch wollte sie davon nichts wissen.

Weiter ging es zu den Toldot Avraham Yitzchak.
Aber auch dort war es voll. Rebbitzen Channah saß genau vor uns und ich muß zugeben, dass sie es genoß, nach der unten spielenden Musik zu swingen. Die Band der Avraham Yitzchak war grandios und die Musik super. Überhaupt waren alle Gruppen gut drauf und die Musik war bei allen super.

Nach einer halben Stunde zogen wir ab, denn wir brauchten frische Luft. Eine Außentemperatur von 33 Grad und die fehlende Klimaanlage innen taten ihr Übriges. Wenigstens bei Toldot Aharon gibt es eine Klimaanlage.

Nach wenigen Minuten erreichten wir die große Synagoge der Neturei Karta. Auch dort wurde Musik gemacht und getanzt und wir beschlossen hineinzuschauen. Leichter gesagt als getan, denn der ausgeschilderte Fraueneingang führt lediglich in einen Speisesaal. Meine Freundinnen nutzten die Gelegenheit zum Toilettengang. Typisch.

Ich wartete und plötzlich tauchte ein Teenager vor mir auf. Den fragte ich sogleich nach dem Fraueneingang der Synagoge.
Aus Anstand sprach er nicht mit mir, zeigte mir jedoch schweigend den Eingang.

Unterdessen strömten meine Freudinnen aus dem "stillen Örtchen" und wir stiegen durch ein Treppenhaus. Allerdings fanden wir dort die richtige Tür nicht, und eine der Freundinnen ging ganz verloren. Dann kamen auch noch Männer durchs Treppenhaus, aber am Ende ging alles recht gut aus. Auch die zweite Freundin fand ihren Weg wieder und so gingen wir hinaus. Demnächst wollen wir nochmals hingehen und auch die richtige Tür finden.

Die "Schomrei Emunim" waren zwecks Party in eine große Halle umgezogen und wir verspürten keine große Suchlust.

Nächste Station: Die mehr oder weniger geheime Gruppe Mea Shearims, die "Mischkenot HaRoim". Es ist außerordentlich schwer, zu ihnen zu gelangen geschweige denn Photos zu machen, doch gestern hatten wir Glück.

Die Mishkenot HaRoim am gestrigen Purim Schuschan







Bei den Mischkenot HaRoim war Partytime und es war toll mit anzusehen, wie sie tanzten. Die Mechitzah besteht aus Glas und so konnten wir alles überblicken. Ausgerechnet sie wurden gestern Abend zu meiner Party Nummer Eins.

Kurz darauf gingen wir zu den Stropkover Chassidim in deren kleine Synagoge. Die Frauenempore bei Stropkov erinnerte mich fast an ein Wohnzimmer und dementsprechend war auch die Atmosphäre. Auf dem Wege dorthin sahen wir einen total betrunkenen Chassid auf dem Gehsteig liegen und die zweite Freundin, eine Ärztin, machte sich Sorgen. Andere Chassidim jedoch versicherten ihr, dass dies schon okay sei. Der Chassid habe halt an Purim nur zuviel gekippt.

Auch bei Stropkov war es übervoll und wir sahen nur wenig. Zwei Photos gelangen durch die Mechitzah, aber es ist kaum etwas zu erkennen.





Nächste Station: Karlin – Stolin.
Dort hatte man draußen extra ein Zelt aufgebaut und es war alles einzusehen.

Eigentlich wollten wir noch zu den Satmarer Chassidim, zu Kretchnif sowie zu Dushinsky. Allerdings beschlossen wir spontan, bei den chassidischen Gruppen Sadigora, Kaliv und Chernobyl vorbeizuschauen. Leider lief bei den letzten drei Gruppen nichts bzw. die Feierlichkeiten waren schon vorüber.

Wir jedenfalls hatten eine tolle Zeit und ich befinde mich nach wie vor im Tischrausch sowohl als auch in der ganzen Atmosphäre und suche noch die Normalität wieder.

Karlin - Stolin an Purim Schuschan

B"H

Die Chassidim der Gruppe Karlin - Stolin am gestrigen Purim Schuschan in Jerusalem:



Sonntag, März 23, 2008

"Tag der offenen Tür" in Mea Shearim

B"H

Auf einen Tag wie den heutigen haben wir lange gewartet. Wo immer man auch hinschaute, alle chassidischen Gruppen luden zu Veranstaltungen ein.
Leider nur schienen wir die einzigen Auswärtigen zu sein, denn überall sichteten wir ansonsten nur chassidische Gäste. Aber das konnte uns nur recht sein, wie sich bald herausstellte.

Nach der riesen Party bei Rabbi Mordechai Machlis nahm ich zwei Freundinnen mit nach Mea Shearim. Eine davon begleitet mich fast jeden Schabbat zu den chassidischen Tischen und die Zweite war noch nie dabei und daher total aufgeregt.

Wir waren bei den Veranstaltungen folgender Gruppen:
Toldot Aharon, Toldot Avraham Yitzchak, der Neturei Karta, den Mischkenot HaRoim, der Chassidut Stropkov und bei Karlin - Stolin.

Diesen Gruppen haben wir einen grandiosen Abend zu verdanken.

Ab Morgen werde ich weitere Photos in den Blog stellen. Unter anderem auch von den Mischkenot HaRoim, der geheimen chassidischen Gruppe aus Mea Shearim. Bisher gibt es von ihnen nur ein einziges Photo.

Insgesamt habe ich das diesjährige Purim - Fest sehr genossen, aber leider kehren wir ab Morgen wieder in den Alltag zurück.

Nein, ich bin nicht Chabad !!!

B"H

Aus lauter Purim - Fun nahm ich am letzten Donnerstag (Erev Purim) ein Poster, welches den letzten Lubawitscher Rebben Menachem Mendel Schneerson zeigt, zur Hand. Die Meschichisten der chassidischen Gruppe Chabad tanzten wild auf dem Zion Square in Jerusalem und es dröhnte Meschiach - Musik aus allen Lautsprechern.

Hierzu muss ich Zweierlei erwähnen:

1. Ich bin kein Mitglied bei Chabad, obwohl ich längere Zeit bei der Gruppe lernte.

2. Nicht alle Chabad - Mitglieder glauben, dass Rabbi Menachem Mendel Schneerson der Meschiach ist, sondern nur ein gewisser Teil der Gruppe tut dies.

Auf alle Fälle hatten wir eine Menge Spass auf dem Zion Square !!!!




Der Purim - Bus.
Gesichtet in der Jaffa Road


Purim in Jerusalem

B"H

Überall auf der Welt gehört das diesjährige Purim schon wieder zur Vergangenheit, nur in Jerusalem wird noch kräftig gefeiert. Hier geht es jetzt erst richtig los. Morgen wird es besonders wild, denn dann ist Partytag. Wer nicht genug bekommen kann, der gehe jetzt nach Mitternacht zur Ben Yehudah in der Innenstadt. Alle feiern ausgelassen und verkleidet in der Innenstadt und Chabad tanzt mit den üblichen gelben Meschiach - Flaggen auf dem Zions Platz (Zion Square). Da fällt mir ein - morgen werde ich wahrscheinlich einige Photos in den Blog stellen. Folgen tun in den nächsten Tagen jedoch noch mehr.

Zur zweiten Lesung der Megillat Esther (Buch Esther) haben wir es nicht geschafft. Zwar habe ich pünktlich meine Freundin von daheim abholen wollen, doch nur, um dann am Frühstückstisch zu landen. Wir waren einfach zu platt nach der durchgefeierten Nacht.

Am Erev Schabbat (Freitag abend) machten wir uns allerdings auf zum Abendgebet Maariv bei den Karlin - Stoliner Chassidim, danach ging es zum Essen bei Rabbi Mordechai Machlis und danach war Tisch - Time. Wir gingen zu zwei chassidischen Tischen: Toldot Aharon sowie zu den Toldot Avraham Yitzchak.

Jeweils nur eine halbe Stunde, denn die Müdigkeit holte uns wieder ein. Außerdem muss ich ehrlich zugeben, dass ich etwas auf meinem Anti - Trip war und ich somit auch froh, aus den Synagogen hinauszukommen. Manchmal geschieht das und dann wird es Zeit, andere Dinge zu sehen, um nicht eine Krise zu bekommen. Dafür habe ich heute endlich einmal ausschlafen können.

Morgen jedoch wird es wieder wild. Party bei Rabbi Machlis und danach Mea Shearim.

Purim Samaech - Happy Purim an alle aus der Partyzone Jerusalem !!!!!

Freitag, März 21, 2008

Breslov & Neturei Karta

B"H

Bestimmt brauche ich nicht groß zu erwähnen, dass bei uns in Jerusalem die "Purim - Hölle" abgeht. Besser gesagt die beste Action und die besten Feiern überhaupt. Das Wetter ist sommerlich und die Leute tummeln sich bis jetzt in der Innenstadt. Ben Yehudah, Zion Square, dies sind die Hauptgebiete für den Trubel.

Mir einer Freundin stürmte ich recht spät nach Mea Shearim und wir hatten soviele Synagogen zur Auswahl, dass wir nicht wussten, wohin. Wir standen vor der Neturei Karta Synagoge, welche die schönste Synagoge in Mea Shearim überhaupt ist. Allerdings entschlossen wir uns dann spontan für die Grosse Breslov Synagoge in Mea Shearim Street. Eine Entscheidung, die wir nicht bereuten.

Obwohl die Frauenempore eher einem Lagerraum gleicht und wir kaum etwas sahen, so hörten wir die beste Lesung der Megillat Esther (Buch Esther) überhaupt. Der "Baal Koreh - Vorleser" war großartig. Die Breslov - Frauen waren total nett und nach dem G - ttesdienst wurden wir mit Keksen und Cola vollgestopft. Und so beschlossen wir, öfters dorthin zu gehen; aber nicht nur der Kekse wegen.
Morgen früh gehen wir wahrscheinlich zur Neturei Karta; ein toller Gegensatz.

Eigentlich hatten wir gedacht, dass abends in Mea Shearim die grossen Parties steigen, aber nichts war. Stattdessen herrschte eiserne Ruhe und so machten wir uns auf zum Zion Square an der Ben Yehudah. Und dort herrschte nur eine Gruppe - nämlich Chabad (die Lubawitscher).

Meine Freundin schleift an Purim ihre Digitalkamera mit und so machten wir Photos, die ich hoffentlich ab Montag hier in den Blog stellen werden. Unter anderem werde ich darauf mit einem riesen Plakat des Lubawitscher Rebben zu sehen sein. "Melech HaMeschiach - Koenig Meschiach" steht darauf, aber nicht das mir jemand denkt, ich sei jetzt bei den Meschichisten von Chabad gelandet.

Weiter werden wir am Sonntag Photos der Synagogen in Mea Shearim, sowie bei den Tischen machen.

Purim Sameach !!!!!


Die Neturei Karta Synagogue in Mea Shearim




Chassidut Breslov Teil 1

Chassidut Breslov Teil 2

Donnerstag, März 20, 2008

Purim in Mea Shearim - פורים במאה שערים

B"H

Selbstverständlich gehe ich mit Freunden nach Mea Shearim, um dort an den Festlichkeiten teilzunehmen. Zwar werden wir auch bei den Machlises unterwegs sein, aber in der überwiegende Zeit steht natürlich das Chassidische im Vordergrund.

Heute Abend beginnen wir mit dem Lesen der Megillat Esther (Buch Esther) in einer der Synagogen in dem Stadtteil.

Bis Montag herrscht bei mir eine kleine Blogpause, obwohl ich manchmal einen kurzen Kommentar verfassen werde.
Richtig weiter geht es jedoch erst wieder am Montag.


Purim Sameach !!!!
פורים שמח

Parashat Zav - פרשת צו

B"H

Die Thoralesung für diesen Shabbat

In den vorherigen Thoralesungen wurden die Israeliten angewiesen, Opfer (Korbanot) zu bringen. In dieser Parasha hingegen erfahren die Cohanim (Tempelpriester) die genauen Details und Instruktionen, wie sie den Opferservice auszuführen haben (Ramban, Yalkut Reuveni und Rabbi Samson Raphael Hirsch).

Genauso wie in der Thoraparasha der vergangenen Woche (Vayikra) begegnet uns dasselbe in Parashat Zav:
ein Buchstabe im Thoratext ist wieder ungewöhnlich klein geschrieben. Diesmal handelt es sich um den Anfangsbuchstaben MEM מ des Wortes "MOKDAH", welches hier im Zusammenhang mit dem Olah – Opfer geschrieben steht. "Mokdah" heißt übersetzt "bleiben". Das Olah – Opfer soll die ganze Nacht in dem auf dem Altar ewig brennenden Feuer bleiben.

Warum ist der Anfangsbuchstabe MEM מ kleingedruckt ?
Nach dem Durchlesen vieler Kommentatoren, fand ich die beste Erklärung dafür beim chassidischen Rebben Menachem Mendel von Kotzk: Das Feuer in unserer Seele sollte nicht nach außen zum Vorschein kommen, sondern nur innerhalb der eigenen Seele brennen.

Aber auch Rabbi Samson Raphael Hirsch schrieb einen guten Kommentar hierzu: Das kleingedruckte MEM מ weist uns darauf hin, dass das, was in der Nacht zuvor Gültigkeit hatte, genauso für den anbrechenden neuen Tag gilt. An einem neuen Tag gibt es keine Erneuerungen, sondern wir führen die Mitzwot (Gesetze) so aus wie am Tag zuvor. Nur allein die Mitzwot und das Gebet bringen uns G – tt näher (Devekut).

Unsere Aufgabe besteht darin, die Mitzwot mit neuem Enthusiasmus auszuführen, so Rabbi Nachman von Breslov. Rabbi Mordechai Machlis pflegt häufig zu erwähnen, dass das Heute das Gestern von Morgen ist (today is tomorrow's yesterday), und bezüglich der Thora gibt es keine Veränderungen, da die darin enthaltenen Gesetze für die Ewigkeit gegeben wurden.

"Und G - tt sprach zu Moshe: ZAV צו (befehle)…" So steht es im ersten Satz dieser Thoralesung geschrieben. Das hier verwendete hebräische Wort ZAV (befehle) hat zweierlei Bedeutung. Zum einen weist es auf eine unverzügliche Ausführung hin (u.a. Raschi und der Kli Yakar). Moshe muß den leiblichen Söhnen Aharons (den Tempelpriestern) die neuen Gesetze sofort mitteilen und keinesfalls verzögern. Zum anderen bindet das Wort ZAV auch alle zukünftigen Generationen an die Einhaltung der Gesetze (Rashi).Immer, wenn G - tt uns die Möglichkeit für eine Mitzwa (in dem Fall Gutes zu tun) gibt, sollten wir nicht zögern und diese unverzüglich ausführen (Noam Elimelech).

Schon in der Thoralesung der vergangenen Woche stellte ich die Frage, was wir denn heute ohne Tempel und Opferungen (Korbanot) machen. Neue Opferungen erfolgen erst wieder nach dem Bau des Dritten Tempels. Die Gemara im Talmud Traktat Menachot 110a gibt darauf Antwort: G - tt betrachtet Thoralernende, die in allen Plätzen Thora lernen so als hätten sie im Tempel Opferungen gebracht (siehe dazu auch Baal Shem Tov und Kli Yakar).
In der Gemara im Talmud Traktat Chagigah 27a steht hierzu, dass früher die Menschen durch die Opfer auf dem Altar ihren Vergehen bereuten. Heute wird jener Altar vom Essenstisch bei uns daheim repräsentiert. Der Tisch symbolisiert Wohltätigkeit und Gastfreundschaft. Menschen, die Bedürftige zu sich nach Hause zum Essen einladen, erhalten einen besonderen Segen und halten so den Tempel aufrecht.

Das wahre Beispiel hierfür ist die Machlis – Family in Jerusalem. An jedem Schabbat steht ihr Haus für alle offen. Egal, ob die Gäste arm oder reich sind, die Machlises empfangen alle mit offenen Armen. Und nicht nur das; ich hörte, dass auch unter der Woche ihr Haus jedem offen steht. Laut Rabbi Machlis kommen manchmal Leute mitten in der Nacht vorbei, weil sie vor Hunger nicht schlafen koennen und bei den Machlises etwas zu essen bekommen.

Die Gemara im Talmud Bava Batra 10a stellt die Frage, warum es überhaupt Arme auf der Welt gibt. Nicht, dass die Armen ihre Armut als Strafe erhalten. Wenn wir Spenden geben, so ist das gut für den Empfänger und gut für uns, denn unsere Seele wird nach unserem Tod milde gerichtet. Auch bringt Wohltätigkeit die Ankunft des Meschiach (Messias) näher.

Ein weiterer Punkt findet Erwähnung in der Midrash Rabbah (Vayikra). Jeder, der zu G - tt umkehrt, geht symbolisch gesehen nach Jerusalem und baut den Tempel und den Altar wieder auf. Jeder Jude sollte daher ein menschlicher Tempel sein.

Die Thora lehrt uns, dass das Opfer für unsere Vergehen (Chatat) an der gleichen Stelle im Tempel geopfert wurde, wie das Olah – Opfer, welches u.a. auch als freiwillige Opferung gilt. Hierzu hörte ich das folgendeTeaching von Rabbi Machlis: Juden, die ein Vergehen begangen haben, brauchten sich nicht öffentlich zu schämen, wenn sie im Tempel ein Chatat – Opfer bringen wollten. Sie wurden nicht gesondert auf einen Platz gestellt, wo jeder der Anwesenden sie sehen und ggf. lästern konnte. "Ah, hast du schon gehört, ich sah heute so und so bei der Chatat – Opferung und wer weiß, was der wieder angestellt hat…." Vielmehr standen alle zusammen und niemand konnte sagen, wer ein Vergehen begangen hatte und wer ein freiwiliges Opfer darbringt.

Im Judentum haben wir das Konzept, dass die Seele (Neschama) eines jeden aufsteigt und gerichtet wird. Auf dem Weg hinauf unterläcuft sie verschiedene Phasen. Ist die Neschama ersteinmal gerichtet, bekommt sie ihren endgültigen Platz in Olam Haba, der kommenden Welt (der auf ewig existierenden Seelenwelt). Sobald unsere Neschama vor ihrem Gericht erscheint, wird ihr, symbolisch gesehen, ein Video ihres gesamten Lebens gezeigt. All unsere kleinsten Vergehen werden wir nochmals durchleben und andererseits wird uns genauso gezeigt werden, wie wir hätten reagieren sollen. Jeder wird sein zweites perfektes ICH kennenlernen. Genau gesagt, wird jeder mit dem konfrontiert werden, wie er eigentlich hätte sein sollen und was er hätte erreichen können. Die eigentliche Strafe für unsere Seele wird die Scham sein, dass wir sehen, was wir hätten tun können und es nicht getan haben (Rabbi Meir Weiner + Rabbi Mordechai Machlis).

Einzig und allein auf der Welt wird in Jerusalem Purim noch bis zum Sonntag Abend gefeiert. Daher wird am Schabbat der Paraschat Zav eine weitere Thoralesung angefügt. Außerdem fügen wir in unseren Gebeten, u.a. dem Birkat HaMazon, das "Al HaNissim – Gebet" hinzu.

Aufgrund des heute (Donnerstag) abend beginnenden Purim – Festes möchte ich noch einige kleine Inhalte aus dem gestrigen Vortrag von Avivah Gottlieb – Zornberg nennen.

Der Name G – ttes ist im gesamten "Buch Esther – Megillat Esther" nicht ein einziges Mal aufzufinden. Es gibt Zeiten, in denen G – tt sein "Gesicht" bzw. seine Anwesenheit "Schechinah" zurückzieht. Dies geschieht allerdings nicht aufgrund von Bestrafung !!!

Stattdessen gibt Er den Menschen totale Kontrolle über die Welt und gerade in solchen Zeiten geschehen tragische Ereignisse wie Purim oder der Holocaust. Im Judentum nennen wir den "Rückzug G – ttes" – HESDER PANIM (das verborgene Gesicht).
In solchen Situationen muß eine Person auftauchen, wie Esther oder Mordechai, die das Ruder herumreisst, die Juden zur Teschuva (Umkehr) bewegen und so G – ttes Schechinah wieder neu auslösen.

Der Talmud Traktat Megillah lehrt, dass Esther eigentlich Hadassah hieß (Megillah 13a). Im Wort ESTHER אסתר finden wir die Wurzeln des hebräischen Wortes SETER (Versteck)- סתר. Wo wir auch hinschauen, in der Megillat Esther bleibt alles im Verborgenen. Selbst als Mordechai mit Esther redet, sendet sie einen Boten, über den kommuniziert wird. Es scheint geradezu als ob niemand mit dem anderen von Angesicht zu Angesicht kommuniziert.

Bei allem wilden Gefeiere sollten wir nicht vergessen, dass es sich gerade bei Purim um ein höchst religiöses Fest handelt. Aber Juden sind bekannt dafür, tragische Ereignisse zu überkommen und die Lebensfreude nicht zu verlieren.

Schabbat Schalom und Purim Sameach !!!!!!!
שבת שלום ופורים שמח

Mittwoch, März 19, 2008

Fragen zu Purim ?

B"H

1. Was sind Hamantaschen ?
Auf Hebräisch werden sie (Oznei Haman - die Ohren Hamans) genannt und der Jiddische Ausdruck ist "Hamantaschen".
Das dreieckige Gebäck soll an den Bösewicht des Buches Esther, an Haman, erinnern. Seine Ohren sind sozusagen abgeschnitten.

2. Warum wird Purim überall auf der Welt von Donnerstag (morgen) abend bis zum Schabbateinbruch am Freitag gefeiert, in Jerusalem dagegen bis Sonntag ?
Jerusalem unterliegt einer Sonderregelung, wie ich hier erklärte und da der Schabbat die Feierlichkeiten unterbricht, wird in Jerusalem am Sonntag weitergefeiert.

3. Im kabbalistischen Buch "Tikunei HaZohar" heißt es, dass Purim auf der gleichen Stufe wie Yom Kippur sei. Was haben Purim und der 25 - stündige und höchste jüdische Feiertag Yom Kippur miteinander gemein ?
An beiden Tagen geht es um Teschuva (Umkehr zu G - tt).
Am Yom Kippur, dem Versöhnungstag, bat der Cohen HaGadol (Hohepriester) G - tt, den Juden die Vergehen zu verzeihen. Seit der Zerstörung des Zweiten Tempels tun wir dies individuell bzw. mit der Gemeinde und allen Juden.

Purim hat ebenso mit Umkehr zu tun. Fastete Königin Esther doch, um so G - tt um Verzeihung zu bitten. Aber nicht nur sie, sondern die damaligen Juden im persischen Exil fasteten und bewegten so gemeinsam G - tt zur "Einsicht", Gnade walten zu lassen.

Der Rebbe der chassidischen Gruppe Slonim in Jerusalem, Rabbi Shmuel Brozovsky, kommentiert, dass am Yom Kippur die Juden aus Angst zu G - tt umkehren (aus Angst vor Bestrafung), wohingegen an Purim die Juden aus Freude zu G - tt zurückkehren.

4. Was ist Taanit Esther - der Fastentag Esther ?
Dieser beginnt morgen früh vor Sonnenaufgang und endet am gleichen Abend nach Sonnenuntergang. Die Jerusalemer Zeit könnt ihr in meinen Listen rechts einsehen. Wer woanders wohnt, muß sich selber bei seiner Gemeinde erkundigen.
Das Fasten erinnert am das Fasten der Esther und der Umkehr zu G - tt, die Juden im persischen Exil nicht zu vernichten.

5. Allgemeine Verwirrung in Jerusalem
Offiziell wird in Jerusalem auch am Sonntag noch gefeiert, doch kommt bei den Bewohnern immer wieder die gleiche Frage auf:
Ich wohne in den entfernten Stadtteilen Pisgat Ze'ev oder Newe Yaakov ? Feiere ich Purim wie in Jerusalem ?
Ich wohne in Efrat oder Maale Adumim, außerhalb Jerusalems. Wie feiere ich ? Kann ich am Sonntag noch feiern ? Hierzu bitte den jeweiligen Rabbi des Ortes befragen.


Der berühmte Rabbiner der Lakewood - Yeshiva in New Jersey, Rabbi Aharon Kotler (1891 - 1962), kommentiert, wo wir "Haman" in der Thora antreffen:

Die Buchstaben des Namen "Haman - Heh, Mem + Nun - המן" erscheinen als eben jenes Wort (nur anders ausgesprochen) als G - tt Adam im Paradies (Gan Eden) fragt, ob er von dem Baum gegessen habe.

Hierin sieht Rabbi Kotler eine Verbindung zur Purim - Story:
Adam hat vom "Baum der Erkenntnis - Etz HaDaat" gegessen, weil er es insgeheim nicht ertragen konnte, dass G - tt ihm verbat, von eben jenem Baum zu essen. Adam durfte von allen Bäumen essen, sogar vom "Baum des Lebens - Etz HaChaim", nur nicht vom "Baum der Erkenntnis".

Angemerkt sei hier kurz, dass die Story von Adam und Eva (Chava) im Paradies eine der kompliziertesten Stories in der gesamten Thora ist. Was ist hier Realität und was Metapher ?
Waren die Bäume real oder nur ein Symbol für etwas anderes ?
Gab es die Schlange oder ist sie eine Metapher ?
Wo standen die besagten beiden Bäume ? Nur vom "Baum der Erkenntnis" ist der Standort bekannt, nicht aber vom "Baum des Lebens". Und was genau war die Frucht ? Ein Apfel war es definitiv nicht. Im Talmud Sanhedrin werden vielerlei Meinungen kundgetan. So ist von einer Dattel oder von Weintrauben die Rede.


Die gleichen Gedanken wie Adam hegte Haman. Was ist die Verbindung zwischen ihnen ?

Beide hatten alles, was sie nur wollten. Adam hatte Millionen von Bäumen und Früchten und Haman war Vizekönig, besaß alle Reichtümer, hatte eine tolle Familie. Was also wollten die Beiden mehr ?
Rabbi Aharon Kotlers Antwort lautet, dass wir manchmal im Leben nicht auf das schauen, was wir eigentlich haben, sondern auf das, was wir nicht haben, aber vielleicht der Nachbar. Adam waren all die anderen Bäume egal, denn es störte ihn unendlich, dass er von einem speziellen Baum nicht essen durfte. Anstatt sich mit dem zufrieden zu geben, was er hatte, schielte er auf etwas Verbotenes.
Genauso Haman. Alle Leute knieten vor ihm aus Achtung nieder, nur Mordechai nicht. Anstatt sich über all die Achtung und Ehre zu freuen, konzentrierte sich Haman einzig und allein auf den einen, der nicht vor ihm niederkniete.

Das Buch Esther lehrt uns Tausende von Dingen. Manchmal nur winzige Kleinigkeiten, die oft im Text untergehen.
Das Buch Esther ist mystischen Inhaltes und enthält viele verborgene Botschaften. Auch ist der Name G - ttes nicht ein einziges Mal genannt.

Vielleicht sollte jeder bei der morgigen Lesung der Megillat Esther auf die anscheinend so nebensächlichen Details schauen. Für manche mag es nur eine kleine nette Erzählung sein, dennoch ist gerade das Buch Esther im Judentum von immenser Bedeutung. Es zeigt uns das nicht enden wollende Leiden (Pogrome, Holocaust, Antisemitismus) der jüdischen Bevölkerung bis hin zum Eintreffen des Meschiach. Gerade aus diesem Grund heißt es, dass nach dem Eintreffen des Meschiach der Feiertag PURIM erhalten bleibt und nicht wie Yom Kippur oder Pessach abgeschafft wird.

Allen schöne Feiertage (welche auch immer).

PURIM SAMEACH !!!!!!!! HAPPY PURIM !!!!!!!!!
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Weitere Links zu Purim:

Das Mahl des Achaschwerosch

"Und es war in den Tagen des Achaschwerosch"

Ad de lo yadah

Vaschti - Nur eine irrlevante Figur ?

Hamantaschen

B"H

Das Thema "Purim" ist nur allzu gegenwärtig. Als Lokalpatriot kann ich natürlich leicht sagen, dass uns Purim vor allem in Jerusalem nicht losläßt, feiern wir doch "Purim Meschulasch".
Überall auf der Welt wird morgen abend die Megillat Esther (das Buch Esther) in den Synagogen gelesen. Morgen und freitag früh. Die Teilnahme sollte eine relig. Pflicht sein, eine Mitzwah. Weiterhin sollte jeder pünktlich erscheinen, denn jedes Wort der Megillah muß vernommen werden.

Freitag Abend ist in allem Teilen der Welt schon wieder Schluß mit lustig, wohingegen es in unserer Stadt erst richtig losgeht. Purim wird durch den Schabbat unterbrochen und erst am Sonntag geht es richtig weiter. Jerusalem wird kopfstehen. Unendlich viele Parties sind angesagt; die Kinder feiern jetzt schon in den Schulen. Viele Leute laufen verkleidet herum und eine Gruppe Japaner wunderte sich heute morgen, was denn wohl hier los sei ? Laufen in Jerusalem immer alle mit gelb - grünen Haaren herum ?

Schon Wochen vor Purim gab es sie, die Purim - Shiurim. Religiöse Vorträge zum Thema: Haman, Vaschti, Mordechai und Esther. Die verborgene Nachricht von Purim, warum ist Esther so wichtig, was sagt uns Purim heute ?

Ich selbst gehe heute abend noch flugs zu einem Shiur in der Kol Rina - Synagoge im Stadtteil Nachlaot. Dort gibt Avivah Gottlieb - Zornberg einen Purimvortrag, von dem ich morgen einige Inhalte berichten werde.

Bei den Christen steht das Osterfest an und normalerweise fallen Ostern und Pessach fast immer in die gleiche Zeit. In diesem Jahr ist dies aufgrund des Schaltjahres im jüdischen Kalender anders. Erst in genau einem Monat werden wir Pessach feiern.
Das christliche Touristendasein in Jerusalem beschränkt sich also in dieser Woche auf die Altstadt. Kirchen und so.
Juden hingegen feiern wild durch die Neustadt Westjerusalems. Chabad, die Lubawitscher Chassidim, feiern in der Innenstadt am Zion Square. Wer noch nicht weiß, wo er die Megillah (Buch Esther) hört, der kann ebenso zu Chabad in die Jüdische Altstadt gehen. Die "Zemach Zedek - Synagoge", gleich oberhalb des Cardo, beginnt den G - ttesdienst um 18.15 Uhr. Hinterher werden leichte Getränke sowie die traditionellen Hamantaschen serviert.

Leider muß ich Euch mitteilen, dass danach in der Altstadt bzw. an der Kotel (Klagemauer) nur noch tote Hose herrscht. Wer etwas sehen will, der gehe in die Neustadt. Wer es superrelig. will, der bewege sich nach Mea Shearim.

Auch ich werde noch einen weiteren relig. Purimbeitrag verfassen. Vorab aber erstmal schnell noch ein Hamantaschen - Rezept:

1 kg Zucker

2 kg Margarine / Mazola

10 grosse Eier

1 Teelöffel Vanille

Alles gut durchrühren und dann 3 kg Mehl hinzufügen.

Füllungen: Dattelcreme, Mohn, Kaese, Schokolade, Marmelade etc.



Gutes Gelingen !!!

Dienstag, März 18, 2008

Der merkwürdige Fall des Sehers (Chozeh) von Lublin

B"H

Wer sich für die Geschichte des Chassidismus interessiert und mehr darüber erfahren will, der hat die Gelegenheit, einen aktuellen Artikel auf meinem chassidischen Blog zu lesen:

"Der merkwürdige Fall des Rabbi Yaakov Yitzchak Horowitz, des Sehers von Lublin (1745 - 1815)".

Montag, März 17, 2008

Nachricht an die Verzweifelten

B"H

Obwohl Deutsch meine Muttersprache ist, benutze ich es ausgesprochen selten. Meine Grammatik fällt manchmal dementsprechend aus und meine Wortwahl ist alles andere als germanistisch einwandfrei. Gefühle und anderes Persönliches kann ich besser auf Englisch oder Hebräisch ausdrücken und vor allem das Englische ist viel reicher an Wörtern als Deutsch.

In diesem Artikel versuche ich mein Bestes, den richtigen gefühlvollen Sinn wiederzugeben. Fühlt der ein oder andere, dass mir dies nicht gelang, kann er im Englischen nachlesen.
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Immer passiert es gerade mir.
Ich betrete einen Raum und alle Verzweifelten der Welt schauen mich sofort an. Und mit mir reden wollen sie gleich auch noch. Irgendwie scheine ich auf manche eine Anziehung zu haben und bis zum letzten Schabbat war mir der Grund dafür unklar.

Einige Male zuvor habe ich schon erwähnt, dass ich besonders bei extrem chassidischen Gruppen "verzweifelte" Mädels anziehe. Bisher hatte ich zwei Fälle. Der erste Fall trug sich im vergangenen September zu. Bei einem chassidischen Tisch erschien vor mir eine junge Frau wie aus dem Nichts und fragte, ob ich mich an sie erinnern würde. Eigentlich hatte ich schon das "NEIN" auf den Lippen als ich die Verzweiflung in ihren Augen sah. Und so sagte ich "JA".
Sie lächelte und setzte sich neben mich. Es war offensichtlich, dass sie mit mir reden wollte, doch sassen wir hinter der Rebbitzen und überhaupt waren zuviele Leute um uns herum. Die ganze Situation machte mir Angst und ich war heilfroh als keine Konversation zustande kam.

Mein letzter Fall ereignete sich vor fast zwei Wochen.
Wieder in der Toldot Aharon Synagoge. Nur dieses Mal beim Schacharit, dem Morgengebet. Ich verzichte hier auf die genauen Details. Kurz gesagt, wieder starrte mich eine junge Frau an. Der gleiche verzweifelte Ausdruck in ihren Augen.
Mag sein, dass ich mich total daneben anhöre, aber die Situation ist so passiert. "Oh no, nicht schon wieder". Die junge Frau saß weiter weg neben ihrer Mutter und irgendwann gingen dann beide heim.

Am letzten Schabbat ging ich mit einer Freundin zur Toldot Aharon Abspaltung, den Toldot Avraham Yitzchak. Und Ihr werdet es kaum glauben, was geschah.
Schon nach einer kurzen Zeit sagte meine Freundin, dass ich doch einmal unauffällig nach links schauen solle. Ich sah, dass mich eine weitere verzweifelte junge Frau anstarrte. Wir zumindest taten unauffällig, aber die junge Frau verbarg ihre Blicke nicht einmal. Als sie nach einer Weile verschwand, waren wir regelrecht froh darüber. In der Zwschenzeit hatte ich eh begonnen, mich mit den chassidischen Frauen der Avraham Yitzchak angeregt zu unterhalten. Wir redeten und redeten und plötzlich fiel mein Blick auf die obere Sitzreihe. Das verzweifelte Mädchen war keineswegs, wie angenommen heimgegangen, sondern vielmehr näher gerückt.

Meine Freundin und ich nennen diese junge Frauen immer "verzweifelt – The Desperate" und sie sehen aus als seien sie unglücklich verheiratet, haben ein unzufriedenes Leben oder was auch immer. Wir können nur annehmen, dass in ihrem Leben offensichtlich etwas schiefläuft, wissen jedoch nie Genaues.
Die Frage ist nur: Warum starren sie immer mich an ? Warum ?

Meine Freundin meinte, dass die Verzweifelten immer mich anschauen, eben weil ich anders bin als sie selbst. Ich trage relig., wenn auch moderne Kleidung, und nicht die übliche chassidische "Uniform". Wenn ich es einmal "Uniform" nennen darf. Jedenfalls nicht den "Avraham Yitzchak Kleidungsstil".
Ich bin anders und diese Tatsache scheint viele magisch anzuziehen. Vielleicht wollen sie mit einem Outsider plaudern ? Verschiedene Themen ansprechen und nicht nur immer über Religion und Chassidut reden. Nennen wir es "Neugier".
Jedenfalls war ich unfähig, eine passende Antwort zu finden und meine Freundin hatte auch nichts Besseres im Repertoire.

Bei der dritten Mahlzeit am letzten Schabbat (Seudat Schlischit) beschrieb ich die Situation einer weiteren Freundin, die gleichzeitig auch Ärztin ist. Natürlich erhoffte ich mir aufgrund ihrer Menschenkenntnis eine Antwort, die auch prompt kam:

"Weißt Du warum ? Weil sie Dich viele Male bei ihren chassidischen Tischen sehen. Und jedesmal sprichst Du mit den Frauen. Du stellst nicht einfach so Fragen, wie alle anderen Tischbesucher; Du sprichst verschiedene Themen an, wie die Religion etc. Egal was, aber sie sehen, dass Du die Sache ernst nimmst und Dir wirklich etwas an ihnen liegt. Du gehst nicht einfach hinein, fragst nebensächlich und oberflächlich herum, nur um dann wieder abzuhauen. Du veranschiedest Dich nicht nach fünf Minuten wieder. Und darum würden sie gerne mit Dir sprechen; weil Dir etwas an der Gruppe liegt."

Ich bin meiner Freundin Channah sehr dankbar für ihre einleuchtende Antwort. Zutreffend, wie ich finde.

Bevor ich jedoch diese geradezu geniale Antwort erhielt, fragten mich verschiedene Leute Folgendes:

"Jetzt laß uns einmal annehmen, dass eine dieser jungen Frauen auf Dich zukommt und beginnt, Dir ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Sie ist unglücklich, unzufrieden, ihr Gatte ist nicht der Traumprinz und ihr geht es miserabel.
Wie würde dann Deine Antwort lauten ? Wie würdest Du reagieren und was sagst Du ihnen ?"


Wenn diese Situation wirklich jemals eintreffen sollte, dann fühlte ich mich in meine eigene Vergangenheit zurückversetzt. Die haredische (ultra – orthod.) Gesellschaft und die Religion verlassen. Zumindest für eine Weile.
Nur ein Ignorant könnte sagen: "Oh, toll, ich habe die Antwort auf alle Deine Probleme. Verlasse Mea Shearim und die Religion. Sei frei und mach, was Du willst." Derlei Rat ist dämlich und nur ein Vollidiot täte soetwas vorschlagen. Jemand, der sich nicht um ein persönliches Schicksal schert.

Vor einigen Jahren passierte mir einmal ein ähnlicher Fall und es war ein furchtbares Gefühl. Nichtsdestotrotz, der damalige Fall lag anders, denn der Chassid wollte keinen G – tt und keine Religion. Es gab keinen G – tt für ihn und alles, samt Thora, war nur ein Märchen.

Glaubt es oder nicht, ich kann das durchaus akzeptieren. Niemand sollte gezwungen werden, relig. oder chassidisch zu leben. Lasst solche Leute in Ruhe und wer weiß, vielleicht kehren sie ja später zurück zur Religion. Vielleicht brauchen sie nur eine gewisse Aus – Zeit.

Der Fall mit den jungen Frauen liegt anders. Diese sind religiös und wollen es auch bleiben. Nur sind sie in ihrem Leben unglücklich. Laßt uns annehmen, dass sie eine schlechten Schidduch (Ehepartner) bekamen oder einfach Neugierde am Leben zeigen.
Was hat eine junge Frau in einer extremen chassidischen Gruppe vom Leben zu erwarten ?

Zur Schule gehen, der Mutter im Haushalt zu helfen und einen Ehepartner zu finden. Einem Typen, den sie eventuell gar nicht richtig kennt (igitt), und zusätzlich wird von ihr verlangt, dass sie gemäß ungarischer Tradition ihre Haare vom Kopf abrasiert (nur auf manche Gruppen zutreffend). Kinder kriegen und ein Leben aufbauen. Eine gute relig. Mutter sein.
Ist das ein Leben ?
Nach relig. Maßstäben sicherlich JA.

Da ich aus einer anderen Welt komme, habe ich keine Probleme damit, diese jungen Frauen zu verstehen. Nicht jeder Jude ist für den Chassidismus gemacht und schon gar nicht für deren Gesellschaft. Natürlich ist es bei denjenigen, die in die Gesellschaft hineingeboren worden sind, anders. Dann hat man weniger Wahlmöglichkeiten. Genauso wie diese Frauen. Und was soll man dann tun ? Den Regeln folgen und falls nicht, zum Outlaw abgestempelt werden ? Die Gruppe verlassen ?

Und was erwartet einen draußen in der Welt ? Eine Gesellschaft, die man nicht kennt. Ein rücksichtslose und manchmal brutale Gesellschaft. Wenn man keine verständnisvollen Eltern bzw. einen Rebben hat, ist man allein. Allein in einer neuen Gesellschaft, die es nicht interessiert, woher Du kommst. Niemand interessiert sich für Deine Geschichten; niemand wird im geringsten ein Verständnis für deine Vergangenheit aufbringen. Ohne weltliche Bildung wirst Du gezwungen, Dich anzupassen. Dich zu assimilisieren. Falls nicht, bist Du wieder ein Outlaw.

Wo ist all die Fürsorglichkeit der Gruppe ? Wo sind Deine Freunde und Ideale ?
Sehr bald schon wirst Du die Gruppe vermissen und was dann ? Rückkehr JA oder NEIN ?

Besonders für chassidische Frauen sind dies schwere gravierende Entscheidungen auch wenn es Hilfegruppen gibt (wenigstens in Israel).

Die Antwort an meine Freunde lautete, dass ich alles daran setzen täte, die junge Frau in der chassidischen Gesellschaft zu halten. Sollte sie nur ihren Gatten loswerden oder anderweitige Probleme lösen wollen, okay. Ich bin mir sicher, dass sich da ein Weg findet. Niemals sollte jemandem geraten werden, die Gruppe zu verlassen. Ich selbst weiß, wie hart diese Entscheidung ist.

"Geh, habe ein tolles Leben, sei frei und ohne jeglichen Gruppenzwang. Wow, great".

Aber was ist mit Deinen Schuldgefühlen ?
Sich schuldig fühlen, die Gruppe verlassen zu haben. Sich schuldig vor G – tt fühlen.
Was ist mit Deinem vorherigem perfektem religiösem Leben ?
Niemals wirst Du von den Schuldgefühlen ganz frei sein. Die Außenwelt wird nicht wissen, von was Du da redest und Du bist allein. Niemand wird Dich verstehen.

Du kannst die Gruppe verlassen, aber egal, wohin Du gehst, das Schuldgefühl wird Dich immer begleiten. Was immer Du tust und wo immer Du bist. Selbst dann, wenn Du die Schuld doch einmal vergessen solltest.

Ich hoffe sehr, dass die Situation niemals eintreten wird, indem mir eine dieser jungen Frauen ihr Leben erzählt. Falls ja, werde sie ich zu überzeugen versuchen, die passende Lösung zu finden. Einen internen Sozialarbeiter konsultieren. Von der Gruppe selbst oder außerhalb. Nur religiös muß er sein, denn das ist extrem wichtig.

Hoffentlich komme ich nie in diese Situation, selbst wenn mich die Verzweifelten anstarren. Insgesamt jedoch sehe ich es nicht als meine Aufgabe, interne Gruppenkonflikte zu lösen.